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Ein Bericht für eine Akademie

Von Franz Kafka - Soloabend mit Thomas Goritzki

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Ein Affe berichtet vor den Herrschaften einer Akademie von der Geschichte seines Lebens.

Angeschossen und gefangen genommen im Dschungel der Goldküste, wird er in einem Dampfer des Unternehmens „Hagenbeck“ nach Hamburg überstellt. Er erkennt bald die zwei Möglichkeiten, die ihm offenstehen: Hinter Gitter im Zoo, oder im Rampenlicht des Varietés. Er entschließt sich zur zweiten Möglichkeit: Zum „Ausweg“, wie er es nennt. Freiheit war keine Option, er wollte nur einen Ausweg, der ihm sein Überleben ermöglicht. Durch eine Leistung, die es auf der Erde bisher noch nie gegeben hat, lernt er sich den Bildungsstand eines Europäers an, in Sprache, Denken und Verhalten.

Seine Geschichte, die er erzählt, ist die Geschichte von Gefangenschaft, Flucht, Ankunft in einer neuen Welt, in einer für ihn bisher nur als Feind wahrgenommenen Gesellschaft. Es ist die Geschichte einer blutigen, schmerzhaften und kompromisslosen Assimilation, der Preis des Überlebens.

Als Prager Jude stand Kafka sicher die Geschichte seines Volkes Pate, ein Volk zwischen Vertreibung und Suche nach einer Heimat, die ein Überleben möglich macht. Und unsere heutige Zeit, in der wir leben, ist explizit eine Zeit, die geradezu überquillt vom Schmerz über eine verlorene Heimat, vom fast unüberwindbaren Kampf, in der neuen Welt Fuß zu fassen, vom unerträglichen Verlust der eigenen Identität. Eine Welt voller Gefangenschaft, Flucht und Entwurzelung. Das ist die heutige Welt von Kafka’s Affen, geschrieben 1927 in Prag.

(Text: Thomas Goritzki)