Die 39-jährige Marian Thayer war die Frau von John Borland Thayer II, einem Direktor und Vizepräsidenten der Pennsylvania Railroad Company. 

Die Familie und ihre Magd gingen in Cherbourg an Bord der Titanic und belegten die angrenzenden Kabinen C 68 und C 70. Am Sonntagnachmittag, bevor die Titanic sank, gingen Marian und ihre Freundin Emily Ryerson auf dem Promenadendeck spazieren und begegneten dort Bruce Ismay, dem Direktor der White Star Line. Laut Emily Ryerson zeigte ihnen Ismay ein Telegramm, in dem stand, dass es in der Gegend Eisberge gab. Marian Thayer erinnerte sich zusätzlich daran, dass Ismay sagte, sie würden nun zusätzliche Kessel auf dem Schiff anheizen.

Nach der Kollision mit dem Eisberg wurden Marian und ihre Magd Margaret Fleming zu Rettungsboot Nummer 4 gebracht, wo sie ihnen andere prominente Frauen wie Madeleine Astor, Lucile Carter und Emily Ryerson anschlossen. Als das Boot um 1.55 Uhr endlich abgefiert wurde und von der sinkenden Titanic wegruderte, beobachtete Marian von dort die letzten Momente des Schiffes:

Der hintere Teil des Schiffes bäumte sich dann mit dem Heck nach oben in der Luft auf, bis es eine fast vertikale Position einnahm. Es schien viele Sekunden (vielleicht zwanzig) in dieser Position zu verharren und tauchte dann plötzlich direkt außer Sichtweite ab. Es war 2.20 Uhr morgens, als die Titanic verschwand, laut einer Armbanduhr, die einer der Passagiere in meinem Boot trug. Wir zogen uns dorthin zurück, wo das Schiff gesunken war, und nahmen auf unserem Weg sechs schwimmende Männer auf – zwei davon waren betrunken und machten uns die ganze Zeit viel Ärger. Die sechs Männer, die wir aufnahmen, wurden von den Frauen ins Boot gezogen. Zwei dieser Männer starben im Boot. Das Boot, in dem wir uns befanden, begann Wasser aufzunehmen. Ich weiß nicht wie. Ich stand die ganze Zeit im eiskalten Wasser bis zur Spitze meiner Stiefel. Und wir ruderten fast fünf Stunden ununterbrochen. Wir nahmen ungefähr fünfzehn weitere Menschen auf, die auf einem gekenterten Boot standen. Insgesamt hatte unser Boot zu diesem Zeitpunkt 65 oder 66 Leute an Bord. Es gab keinen Platz, um uns in unserem Boot zu setzen, also standen wir alle, bis auf einige, die an der Seite saßen. Das Boot, in dem ich war, wurde am Montag um 7 Uhr morgens von der Carpathia abgeholt. Wir waren drei Meilen zu ihr gerudert, da wir nicht warten konnten, bis sie auftauchte, weil unser Boot so viel Wasser aufgenommen hatte, dass wir es nicht viel länger über Wasser hätten halten können. 

Marian, ihre Magd und ihr Sohn Jack überlebten den Untergang der Titanic, aber ihr Mann John Borland Thayer ging mit dem Schiff unter.

Biografie mit freundlicher Genehmigung von Norbert Zimmermann und in Koproduktion mit dem Theater Osnabrück.