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Schauspiel

DAS LETZTE BAND (Krapp’s Last Tape)

von Samuel Beckett // In der Übersetzung von Erika und Elmar Tophoven Leitung Besetzung

Dauer 65 Minuten, keine Pause

Derzeit keine aktuellen Vorstellungstermine.

Ein Mann und ein Tonbandgerät. Ein Mensch im Zwiegespräch mit sich, mit seiner Vergangenheit.

Krapp blickt auf sein einst glücklicheres Leben als Schriftsteller zurück. Aus seinem Tonbandarchiv, in dem er sein Leben akustisch dokumentiert, kramt er das Band hervor, das er als Neununddreißigjähriger besprochen hat und hört es an. Inventur schon damals. Schon damals hatte er einem zehn Jahre zuvor aufgenommenen Tonband-Interview mit sich selbst gelauscht. Sein Leben, eine Nabelschau. Sein Blick, immer zurück.

Wühlen sich andere Gestalten Becketts in die Erde zurück, so gräbt sich Krapp in den eigenen Lebensschutt, führt eine Maulwurfexistenz, rekapituliert sein Leben als ineinander verschachtelte Lebensalter. Dabei sitzt sein älteres über sein jüngeres Ich zu Gericht. Ein Schrumpfdasein: die Gegenwart ist nur noch Kommentar zur Vergangenheit. Ein Leben von der Spule.

Joachim Henschke in einem von Samuel Beckett meisterhaft komponierten Solo, das bisweilen ironisch und mit großer Zartheit den Entschluss reflektiert, das Leben der Kunst zu widmen. Becketts radikale Reduktion hat das Theater auf den kleinstmöglichen Nenner und damit auf den größtmöglichen zugleich gebracht.

Leitung

Besetzung

RP, Mönchengladbach, 06.11.2021, Dieter Mai

Von Bananen und verlorenen Identitäten

Am Ende verzerrt Schmerz das Gesicht des alten Krapp, Wehmut angesichts der Erinnerungen. Erinnerungen an Erlebnisse, die schon für sein jüngeres, neununddreißigjähriges Ich unwiederbringlich verloren waren. Damals, als er die Tonbänder besprach, in denen sein gealtertes Ich nun Sinn und Trost sucht. Nein, es ist kein leichter Stoff, in den Schauspieler Joachim Henschke die Besucher in der Studiobühne des Theaters Mönchengladbach mit seiner raumgreifenden Präsenz förmlich hineinzieht. […]

Am „großen Werk“, das allen Sinn in sich vereint, ist schon der Jüngere gescheitert. Und nun hilft auch keine Alterserfahrung. Nicht Gelassenheit verleiht Henschke in Becketts Auftrag seinem Krapp, sondern immer noch intensiveren Schmerz über die Vergänglichkeit des Lebens und der Liebe.[…] Durch sein altes Ich, das aus der Vergangenheit per Tonband zu ihm spricht, blickt er noch ein letztes Mal in die Augen der Geliebten.

„Alles lag in diesem Blick, alles Licht und Dunkel, alle Völlerei und Hungersnot der Jahrhunderte“, wie der alte Krapp es ausspricht. […] Dem letztlich zum Scheitern verurteilten Versuch, im Liebesakt den Moment der grenzenlosen Freiheit und Unschuld zu erfahren – entspricht dem nicht die Entwicklung einer aus den Fugen geratenen Welt, die ihre Unschuld längst dem Streben nach Erfolg, grenzenloser Expansion und Konsum geopfert hat?

[…] Der dramaturgischen List Becketts, die Chronologie mithilfe des Tonbandgerätes außer Kraft zu setzen, verleiht Joachim Henschke zusätzliche Wirkmacht, indem er die gesprochenen Worte kraft seiner realen Alterserfahrung glaubhaft mit Substanz zu füllen vermag. So wird die Sammlung vorgetragener, abgehörter und mitgesprochener Erinnerungssplitter vom Band – immer wieder neu fragmentiert durch Stoppen, Vor- und Zurückspulen – zum Gleichnis über eine am Ende hoffnungslos verlorene Welt. Und wie war das noch mal mit der Liebe? […]

Mit seiner beeindruckenden darstellerischen Leistung bewegt Joachim Henschke das Publikum zu lang anhaltendem Schlussapplaus. […]

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