Frauengold, das unübertroffene Konstitutions-Tonikum für die Frau.
Nimm Frauengold – und Du blühst auf!
So der Werbespruch für ein Produkt, das erschöpften Frauen in den 1950er Jahren neue Kraft, starke Nerven und ein jugendfrisches Aussehen „an allen Tagen“ versprach. Rundum: „ein neues glückliches Frauenleben“. Dabei bestand das weibliche Wunderwasser hauptsächlich aus Alkohol. Es erschien günstiger, sich zu besaufen, als gegen ein Frauenbild aufzubegehren, dessen oberste Maxime es war, Mann und Kind glücklich zu machen. Aus heutiger Sicht zunächst erheiternd und befremdlich. Angesichts gegenwärtiger Anforderungen weicht dem Schmunzeln die ernüchternde Erkenntnis: Gerade jetzt fänden sich ähnlich viele Abnehmerinnen wie damals für solch ein Trostschnäpschen. Keineswegs ein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken: Frauengold, ein Abend zwischen TV-Quizshow und Werbepause, Sexratgeber und Kommentarorgel, macht weibliche wie männliche Herzen wieder munter. Nicht ohne Risiko. Frei von Nebenwirkungen. Mit Musik.
Feminismus mit Musik und Humor. Die Produktion “Frauengold” beweist, wie unterhaltsam und kraftvoll zugleich der Kampf gegen Sexismus und Co. sein kann
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„Frauengold“, ein wirklich grandioser, witziger, durchaus auch zum Nachdenken und Innehalten anregender Abend mit „Musik, Quiz und Protest“ von und mit Esther Keil, Carolin Schupa, Cornelius Gebert (alle drei auf der Bühne) und Anne Spaeter (Inszenierung), dürfte es eigentlich nicht geben. Weil: In einer Welt mit Gleichberechtigung und -stellung aller Menschen vollkommen unabhängig von ihrem Geschlecht, in einer Welt ohne Sexismus und Co. bräuchte es keine satirische Revue, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Aber: Es gibt sie immer noch, die Ungerechtigkeiten, die Gewalt in der Ehe, Benachteiligung im Beruf, Belästigung. Und es gibt noch die Tabus um Themen wie Aufklärung über die weibliche Sexualität, den weiblichen Körper, den Zyklus. […] Umso mehr braucht es solche Programme, wie es die Schauspielsparte des Theaters Krefeld und Mönchengladbach am Krefelder Haus realisiert hat, um in einem künstlerischen Kontext Augen für diese Themen zu öffnen. Dass es diesen starken feministischen Abend gibt, der – zwar auf leichtfüßige, musikalisch spritzige, manchmal auch etwas peinliche, aber richtig kraftvolle Weise – auf Missstände aufmerksam macht und als Gegenpol zum Mansplaining „Womensplaining“ praktiziert, ist gut. […] Das Publikum bei der Uraufführung im Glasfoyer an Cafétischen lose sitzend (es gab sogar einen eigens für den Abend kreierten „Frauengold-Cocktail“) erlebte ein Wechselbad der Gefühle. […] Mit grandioser Haltung und einer geerdeten Natürlichkeit entsteht ein […] verrücktes Potpourri, bei dem selbst „Gott“ und am Ende das „Publikum“ sein Fett wegbekommen.
Westdeutsche Zeitung, Krefeld, 03.12.2022, Christian Oscar Gazsi Laki