Musiktheater

Sweeney Todd

The Demon Barber of Fleet Street // Musical-Thriller // Musik und Gesangstexte von Stephen Sondheim // Buch von Hugh Wheeler nach dem Theaterstück von Christopher Bond // Deutsche Fassung von Roman Hinze und Wilfried Steiner // Erstaufführung Leitung Besetzung

7. Juni 2025 – 9. Juli 2025

ca. 2 Stunden 45 Minuten - inklusive einer Pause (nach ca. 80 Minuten) Audio-Einführung & Video-Interview In deutscher Sprache

Vorstellungen

Termin anklicken, um Tagesbesetzung anzuzeigen.

Nach mehr als zehn Jahren in der Verbannung kehrt Benjamin Barker, ehemals Barbier in der Fleet Street, unter dem Decknamen Sweeney Todd zurück nach London, um sich an Richter Turpin zu rächen. Denn Turpin hatte ihn damals zu Unrecht verurteilt, um an seine Frau und Tochter zu kommen. Hasserfüllt nimmt „Sweeney Todd“ nun seinen Beruf als Barbier wieder auf, um Richter Turpin in einem Akt von Selbstjustiz zu töten. Wer sich ihm dabei in den Weg stellt, fällt seinem Rasiermesser zum Opfer und wird von seiner Verbündeten, der verrückten Mrs. Lovett, zu Fleischpastete verarbeitet! Ein blutrünstiger Rachefeldzug nimmt seinen Lauf – und Mrs. Lovetts Pasteten werden ein kulinarischer Sensationserfolg, von dem ganz London schwärmt…

Mit sinfonischer Operndramatik und atmosphärischen Klangfarben liefert die Musik des US-Amerikaners Stephen Sondheim (1930-2021) den passenden Bühnen-Soundtrack für diesen düsteren Musical-Thriller, den der Komponist selbst als „tiefschwarze Operette“ bezeichnete. 1979 am Broadway uraufgeführt, wurde Sweeney Todd mit neun Tony Awards ausgezeichnet und verbreitete sich schnell auf den Bühnen in aller Welt als eines der erfolgreichsten Musicals des 20. Jahrhunderts.

Audio-Einführung zur Inszenierung

Dramaturgin Ulrike Aistleitner erläutert für Sie die Inszenierung von Regisseur Roland Hüve des weltbekannten Musical-Thrillers.

Video-Interview

Tina Walberger, Rheinische Post, 08.06.25

Schwarzhumorig, temporeich, makaber – und äußerst vergnüglich.

Die Rache eines Barbiers in London kennt in der Geschichte aus dem 19. Jahrhundert keine Grenzen. Wie seine Kunden zu Pasteten werden, wurde am Theater Krefeld-Mönchengladbach als Musical inszeniert. Das Publikum zeigte sich bei der Premiere begeistert.

[…] Der Chor, der nach dem Vorbild einer griechischen Tragödie immer wieder auf die Bühne kommt und durch das Stück führt, ist durch dunkelrote Kostüme und blutverschmierte Gesichter schnell als eine Gruppe jener Opfer zu erkennen, die vom „Barbier des Grauens“ im Laufe des Stücks ermordet werden. Die Hauptdarsteller tragen Kostüme, die ins Großbritannien einer nicht genau datierten Vergangenheit passen und ein schlüssiges Gesamtbild ergeben. Lediglich Arthur Meunier sticht in einem extravaganten und teilweise sogar paillettenbesetzten Kostüm heraus. Das passt wiederum perfekt zu seiner Rolle des eingebildeten und betrügerischen Barbiers Adolfo Pirelli.

Die Besucher der Premiere sind begeistert von der Inszenierung des Theaters. Die Drehbühne verwandelt sich nach Bedarf in verschiedene Londoner Straßen, Todds Barbiersalon oder das Pastetengeschäft von Mrs Lovett, wo sie die Leichen seiner Opfer zu Pasteten verarbeitet.

[…] Sie finden, dass die teils verworrene Handlung durch die Inszenierung von Roland Hüve gut nachvollziehbar ist. Für Andreas, der schon viele Musicals in Mönchengladbach gesehen hat, ist es „die bisher schönste Inszenierung“. Die Frauen loben außerdem das Gesangstalent der Darsteller. Antonia Busse, die Mitglied beim Opernstudio Niederrhein ist und als Todds Tochter auf der Bühne steht, ist für sie „einsame Spitze“.

[…]

Zuschauerin Sigrid Bayer sagt, sie sei nur für den Auftritt von James Park als Anthony Hope hergekommen. Der Tenor hat seine Karriere im Theater Mönchengladbach begonnen, wo er von 2014 bis 2016 engagiert war und seitdem immer wieder als Gast zurückkehrt. Christopher Neumann hingegen ist an diesem Abend nur hier, weil er ein Theater-Abo hat. Der Film habe ihn nämlich nicht überzeugt. Aber die heutige Aufführung hat ihn positiv überrascht.

Schauspieler Pascal Schürken kann seine musikalische Vielseitigkeit in der Rolle des Tobias Ragg unter Beweis stellen. Voller Enthusiasmus bewirbt er zunächst Pirellis gefälschtes Haarwuchsmittel, dann wieder die Pasteten von Mrs Lovett, später beeindruckt er mit der gefühlvollen Darbietung der Ballade „Wenn ich bei dir bin“. […]

Markus Lamers, Der Opernfreund, 08.06.25

Eine absolut überzeugende Personenzeichnung!

[…] Regisseur Roland Hüve gelingt es, eine rundum stimmige Inszenierung auf die Bühne zu bringen, die auf große Splattereffekte verzichtet und sich stattdessen stark auf die persönliche Leidensgeschichte der Titelfigur fokussiert.

Deutlich wird dabei, wie diese von Rache getrieben immer tiefer in eine Gewaltspirale gerät. Blind vor Wut nutzt Barker sogar seinen Freund Anthony Hope und seine Tochter Johanna aus, um Richter Turpin in seinen Salon zu locken, wo es am Ende zu mehreren unheilvollen Begegnungen kommt. Die Zuschauer erleben in Mönchengladbach einen spannenden Theaterabend mit einer absolut überzeugenden Personenzeichnung. […]

Auch das Bühnen- und Kostümbild von Lena Brexendorf weiß zu überzeugen. Auf einer großen Drehbühne befindet sich das Geschäft von Mrs. Lovett, über dem sich der Barbiersalon befindet. Natürlich darf auch die Rutsche nicht fehlen, über die die Leichen von oben direkt in die Küche entsorgt werden. […] Auch die weiteren Schauplätze des Musicals werden durch die Drehbühne gut abgebildet. Die Kostüme sind stellenweise bewusst überzeichnet, aber stets an die Rolle angepasst. Besonders gelungen sind die blutverschmierten Gewänder des Opernchores, der sehr stimmgewaltig auftritt. […] Die Niederrheinischen Sinfoniker spielen unter der Leitung von Sebastian Engel gewohnt stark.

Und dann wäre da noch die Besetzung jeder einzelnen Rolle, die diesen Abend zu einem echten Genuss für Musical-Fans macht. In der Titelrolle zeigt Johannes Schwärsky, dass er nicht nur als Rigoletto, Mephisto oder Fliegender Holländer eine gute Figur macht, sondern mit seinem starken Bass-Bariton auch im Musical-Genre zu überzeugen vermag. Seine starke Bühnenpräsenz verleiht dem dämonischen Barbier zudem die notwendige optische Wirkung. Mehr zu Hause im Bereich Musical ist dagegen Gabriela Kuhn. Sie war in Krefeld und Mönchengladbach bereits in zahlreichen großen Musicalproduktionen in wichtigen Rollen zu sehen und setzt auch die Rolle der Mrs. Lovett wieder ganz wunderbar um. Insbesondere die etwas komischeren Szenen liegen ihr dabei offenbar besonders gut. Nicht mehr am Niederrhein zu Hause ist leider James Park, wo er in der Spielzeit 2014/15 Mitglied im Opernstudio wurde und seitdem in über 15 Produktionen zu sehen war. Inzwischen spielte er bei den Vereinigten Bühnen Wien große Hauptrollen, unter anderem in Miss Saigon oder Rebecca, und ist an der Wiener Volksoper aktuell unter anderem als Chino in der West Side Story zu sehen. Für die Rolle des Anthony Hope kehrt er nun an den Niederrhein zurück und überzeugt das Publikum einmal mehr mit seinem klaren Tenor. Beim Schlussapplaus war ihm die Freude über die „Heimkehr“ deutlich anzusehen, und auch das Publikum freute sich, ihn mal wieder am Niederrhein zu sehen. Sehr stark ist auch Susanne Seefing in der Rolle der Bettlerin. Sie stattet diese Rolle mit großen Gesten aus und punktet hierbei mit einem sehr detaillierten Schauspiel und klarem Gesang. In den weiteren Rollen überzeugen Antonia Busse als Johanna Barker, Pascal Schürken als Tobias Ragg, Matthias Wippich als Richter Turpin, Markus Heinrich als Büttel Bamford und Arthur Meunier, der im ersten Akt den Hochstapler Adolfo Pirelli und im zweiten Akt den Leiter der Irrenanstalt Mr. Fogg spielt.

Mit Sweeney Todd ist dem Theater Krefeld-Mönchengladbach erneut eine sehenswerte Produktion gelungen. Das Musical, das von Sondheim selbst einmal als „schwarze Operette“ bezeichnet wurde und vom Aufbau und der Struktur her stark an eine Oper erinnert, ließ die knapp drei Stunden wie im Flug vergehen. Das Premierenpublikum erhob sich am Ende von den Sitzen und spendete allen an der Produktion Beteiligten lauten Beifall.

Daniela Henne, Musicalzentrale, 10.06.25

Atmosphärisch dicht, musikalisch ambitioniert und darstellerisch stark!

In Roland Hüves Inszenierung des Musical-Thrillers von Stephen Sondheim nach dem Buch von Hugh Wheeler stehen opernerfahrene Darsteller und Darstellerinnen auf der Bühne, die dem düsteren Stoff eindrucksvoll Leben einhauchen.

Bühnenbild und Kostüme überzeugen mit einer stimmigen, treffend morbiden Gestaltung. Der Opernchor des Theaters Krefeld und Mönchengladbach bringt eine stimmgewaltige Präsenz ein, die dramatisch von den Niederrheinischen Sinfonikern unter der Leitung von Sebastian Engel getragen wird.

[…] Die Solisten und Solistinnen meistern die anspruchsvollen Arien, die typisch für das zwischen Musical, Operette und Oper angesiedelte Werk sind, ausnahmslos mit Bravour.

Das Bühnenbild von Lena Brexendorff zeigt ein zweistöckiges, in blutrot gestaltetes Gebäude auf einer Drehbühne. Durch bloßes Umdrehen entstehen fließend neue Schauplätze.

[…] Auch bei den Kostümen setzt Brexendorff deutliche Akzente. Der Chor, der neben seiner musikalischen auch eine narrative Funktion einnimmt, ist in zerfetzte, blutrot verschmierte Lumpenkleidung gehüllt. Die Hauptfiguren sind ihrer sozialen Stellung und Gesinnung entsprechend ausgestattet. Wer mit dem Stück vertraut ist, erkennt die Rollen bereits beim Prolog „Vernehmt das Los von Sweeney Todd“. Todds blendender Rivale Pirelli tritt schillernd auf – im Ganzkörperanzug mit Tattoo-Look, Glitzerumhang und passender Geldbörse. Sweeney Todd und Mrs. Lovett erscheinen ärmlich und zerlumpt, in Schwarz gekleidet. Die Figuren außerhalb der Fleet Street tragen individuelle Kostüme: Turpin einen Anzug mit roten Akzenten, Anthony Hope Seemannskleidung, Johanna ein mit Blumen geschmücktes Kleid.

Die Protagonisten stechen jedoch nicht nur durch ihre Kostümierung hervor: Johannes Schwärsky gestaltet einen Sweeney Todd, der zunächst wenig Charisma ausstrahlt, seiner Figur aber große emotionale Tiefe verleiht – vor allem in seinen Soli. Besonders berührend ist die Szene, in der er einen Familienvater bedient, sich selbst in ihm erkennt und ihn schließlich verschont.

Gabriela Kuhn zeigt als Mrs. Lovett ein facettenreiches Spiel – schmeichelnd, einfältig, grausam. James Park bringt als Anthony Hope Leichtigkeit und Hoffnung in die düstere Szenerie. Antonia Busse überzeugt stimmlich als Johanna und harmoniert hervorragend mit Park. Pascal Schürken als Tobias Ragg zeigt eine tief verstörte Figur – umso tragischer ist es, dass ausgerechnet er am Ende als Deus ex machina fungiert, eingreift und den Serienmörder umbringt. Susanne Seefing verleiht der Bettlerin ebenfalls etwas Krankes und Morbides. Matthias Wippich als Richter Turpin und Markus Heinrich als Büttel Bamford überzeugen als diabolisches Duo; und zwar so überzeichnet, dass man sie fast nicht ernst nehmen kann. Wippich brilliert mit seiner Arie an “Johanna“. Arthur Meunier bringt als Adolfo Pirelli durch sein treffsicheres Spiel als schillernder Hochstapler Humor ins Spiel.

Die Inszenierung des Sondheim-Klassikers am Stadttheater Mönchengladbach ist atmosphärisch dicht, musikalisch ambitioniert und darstellerisch stark.

Dr. Hartmut Hein, Klassik.com, 09.06.25

Opulentes vokalsymphonisches “Gesamtkunstwerk”

[…] Bezeichnend, was Tim Burton 2007 für seinen Zweistundenfilm gekürzt hat und und was nun in den von Sondheim musikalisch abwechslungsreich(er) gefüllten 160 Netto-Minuten die ganze Bandbreite an Bühnen-Emotionen und Theater-Techniken vorführt,

angefangen beim wie in der antiken Tragödie und in modernem “epischen” Theater als Zombie-Schar in blutroten Fetzen Geschichte und Vorgeschichte reportierenden Chor (dessen Mitglieder auch in kleinen Formationen und Soli ihre Qualitäten zeigen dürfen). Diese ganz dem Publikum zugewandten Momente eines Heraustretens aus der Handlung à la Brecht – auch in der bei Burton gestrichenen Scena ultima mit kommentierenden Hauptpersonen – nutzt Regisseur Roland Hüve choreographisch geschickt: etwa eine Urteilsverkündung des Richters als direkte Verteilung aller im Saal oder die Synchronisierung der dank Dreh- und Vorderbühne gleichzeit erlebbaren Spielorte (Straße, Barbierstube, Lovetts Reich und die Front des Richterhauses mit Rapunzel-Balkon). Das alles trägt zu einer merklich anderen Stimmung bei, in der man sich stärker vom Geschehen distanziert und auch überraschend schöne und lustige Momente genießen kann. Als lichtender Kontrapunkt begeistert besonders das bei Burton völlig getilgte, hinreißende “Küss mich”-Duett des hoffnungsvoll in die von Turpin eingesperrte Tochter Johanna verliebten Seemanns Anthony. James Park glänzt in dieser tenoralen Rolle mit klarer Diktion und perfekten Musical-Portamenti (Ansingen kleiner Melodiesprünge von unten) mit viel Schmelz in der Stimme. Antonia Busse als Johanna irritiert zwar in ihrer Auftrittsarie mit opernhaft fast zu breitem Vibrato, das angesichts des metaphorischen Wunsches eines Vogels im Käfig nach freiem Gesang und Flug aber hier ganz gezielt als Ausdrucksmittel einsetzbar erscheint (Jayne Wiesener macht das bei Burton mit viel schwächerer Stimme übrigens genauso); in den Duetten ist sie ganz eine nicht nur gesangstechnisch perfekte, sondern auch wie Anthony einzig liebenswerte natürliche Partnerin. Überhaupt besitzt die vollständige Fassung viele offenere komödiantische Momente, das Stück lässt sich gegenüber dem Film gerade in der wohl von Regie und Ausstattung beabsichtigten Mischung aus Referenzen und Differenzen neu entdecken (und der Film im nachmaligen Wiederanschauen auch). Zwar hat generell der Film als “Gesamtkunstwerk” inzwischen der Idee des “musikalischen Dramas” nach Richard Wagner und dem Verismo den Rang abgelaufen; Sondheim gelingt es jedoch, seine dunkle “Operette” (so sein Versuch einer Genre-Bestimmung) in der Verschachtelung der großen alten Themen Rache und Liebe mit ebenso komplexer, polyphon und klangfarbenschwelgerisch instrumentierten Musik einen in sich geschlossenen ästhetischen Kosmos zu generieren, dem das Premierenpublikum in Mönchengladbach – auch dank des stimmigen Gesamtkonzepts dieser ihre Figuren mitfühlend bedenkenden Inszenierung – wohl zwangsläufig verfiel.

Gabriela Kuhn als durchaus irgendwo ziemlich symphathische Mrs. Lovett und Matthias Wippich als knorrig-arroganter Richter Turpin entsprechen zwar optisch, auch durch die Kostüme verstärkt, am stärksten ihren Film-Doppelgängern: dennoch gelang es Gabriela Kuhn, ihrer Figur neben einer ungestillten Sehnsucht nach Liebe und Bürgerlichkeit auch viel Humor und anderen zugewandte menschliche Wärme zu verleihen (was der egomanen Helena Bonham Carter eigentlich völlig fehlt), so dass sie, gemessen am Schlussapplaus, auf jeden Fall die Herzen des Publikums erobern konnte. Dass Matthias Wippich und Johannes Schwärsky sich in der selben Lage als wohlklingend sonore tiefe Baritone etwas überlagern, war beim gemeinsamen, aber ganz unterschiedlich konnotierbaren Besingen hübscher Frauen wahrzunehmen: Der (eigentlich fast zu jung besetzte) Johnny Depp ist mit seinem etwas ungeschulteren Gesangsstil eher ein kontrastierender hoher Bariton, aber die Rolle hat ja gerade auch Bryn Terfel u.a. in Zürich gesungen, dem Schwärsky stimmlich nahekommt, wobei seine ganz eigene Ausstrahlung – neben passenden heftigen Ausbrüchen wirkt er oft in sich gekehrt wie ein Leuchttumwärter in falscher Umgebung – der Rolle neben dem bedingungslosen Rachedenken ebenfalls gebührenderes Mitleid verleiht. Die eher komödiantischen Nebenrollen mit ganz eigenen musikalischen Ausdrucksweisen sind mit Pascal Schürken als nicht vom Alter her, aber im Kopf kindisch gebliebenem Tobias Ragg (hier fast eine Woyzeck-Figur), Markus Heinrich als unheimlichem Gehilfen Bamford und Susanne Seefing als Bettlerin zwischen wahnsinnigem Leid und schriller Anmache perfekt besetzt. Arthur Meunier passt – abgesehen von seinem merkwürdigen Jahrmarkt-Superhelden-Cape und Tattoo-Anzug, aber mit grandioser Frisur – hervorragend in die Rolle des konkurrierenden Barbiers Pirelli und überragt nicht nur sängerisch die (aus meiner Sicht in jeder Hinsicht recht flache) Darbietung von Sascha Baron Cohen in Burtons Verfilmung. Der Opernchor des Theaters trifft die teils aggressiven Moritatengesänge perfekt, und die Niederrheinischen Symphoniker in einer wunderbar abgestimmten Kammerbesetzung mit Harfe und viel schönem Holz und Schlagwerk kommen in der guten Akustik des Hauses detailliert herüber, in manchmal an Idiome bei Ravel, Puccini und Mahler (Adagietto) erinnernden symphonischen Aufschwüngen aber auch absolut voluminös. Die Musical-typische Ausstattung aller Sänger mit Mikrophonen fällt dank der perfekten Aussteuerung mit dem Orchester schon nach wenigen Sekunden nicht mehr negativ auf, das Klangbild habe ich überraschenderweise (bis auf einige Orgel-Einspielungen) als ziemlich natürlich empfunden. Der seit drei Spielzeiten am Theater Krefeld Mönchengladbach tätige Kapellmeister Sebastian Engel hatte und hat sicherlich an dieser keineswegs Musical-typischen Partitur seine Arbeit und Freude, sein beim Schlussapplaus irgendwie herausstechender Frack erschien in dieser Hinsicht absolut angemessen. Verächtern der vermeintlich “leichteren” Muse darf Sweeny Todd hoffentlich auch mal an die Kehle oder ans Herz gehen.

Antje van Bürck, theater:pur, 10.06.25

Ein turbulenter Abend mit Tempo und einer beeindruckenden musikalischen Leistung, aber auch mit manch Komik und Witz.

Am Theater Mönchengladbach kam eine schwungvolle Interpretation der gruseligen Geschichte des Barbiers Sweeney Todd zur Aufführung.

[…] In Mönchengladbach beginnt der Abend mit heftigen Orgelklängen. Der Chor steht im Prolog – zusammen mit den toten Protagonisten – an der Bühnenrampe und berichtet von Sweeney Todd. Die Geschichte wird also im Rückblick erzählt, wobei der Chor nach dem Vorbild in der griechischen Tragödie auch im Laufe des Abends immer wieder durch das Geschehen führt. Die Kostüme des Chores sind in verschiedenen Rottönen gehalten und wirken wie blutverschmiert. Auch das zweistöckige Gebäude auf der Drehbühne – diese erlaubt immer wieder neue Einblicke – ist blutrot und zeigt sowohl Todds Salon und Mrs. Lovetts Backstube und Wohnzimmer wie auch Turpins Haus. Sweeney Todd und Mrs. Lovett sind schwarz gekleidet.

Der überwiegende Teil dieses gruseligen Musicals wird gesungen. Die wenigen Sprechtexte werden musikalisch unterlegt. Allen Solisten ist großes Lob für ihre Leistung auszusprechen. Johannes Schwärsky spielt Sweeney Todd überaus überzeugend und facettenreich. Ihm absolut ebenbürtig: Gabriela Kuhn als Mrs. Lovett. Wobei hier noch ihr schauspielerisches Talent sehr unterhaltsam ist. Matthias Wippich gibt Richter Turpin, den Hüve als zerrissenen Charakter zeichnet, der sich selbst verzweifelt geißelt. Begehrt er doch Johanna. Pascal Schürken als pfiffiger Toby spielt diesen leicht gestörten Knaben recht anschaulich.

Insgesamt ein recht turbulenter Abend mit Tempo und einer beeindruckenden musikalischen Leistung, aber auch mit manch Komik und Witz. Begeisterter Applaus mit Standing Ovations.

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