Ein alkohol-abstinenter amerikanischer Geschäftsmann, eine ehemals ruhmreiche Operettendiva, ein charmanter französischer Frauenheld, seine junge Geliebte nebst betrogenem Ehemann, ein liebestolles Hausmädchen und ein junger Kapitän bilden das Handlungspersonal der vergnüglichen musikalischen Komödie PASSIONNÉMENT – Verrückt nach Liebe von André Messager (1853 – 1929), dem erfolgreichsten französischen Operettenkomponisten in der Nachfolge Jacques Offenbachs.
Den Wilden Zwanziger in Berlin entsprachen die Année Folles (die verrückten Jahre) in Paris, in denen sich eine durch den 1. Weltkrieg traumatisierte Gesellschaft taumelnd ins Vergnügen stürzte, um das Leben zu genießen und dabei auch bewusst moralische Schranken ignorierte. Freizügig, doch pointiert mit viel Witz und Ironie, werden in Passionnément erotische Verhältnisse thematisiert, die für eine im Jahr 1926 uraufgeführte Operette bemerkenswert sind.
Die deutsche Erstaufführung von PASSIONNÉMENT – Verrückt nach Liebe, inszeniert von Ulrich Proschka, der am Gemeinschaftstheater bereits mit den Produktionen wie Let’s Stop Brexit, Salon Pitzelberger oder der Corona-Revue Alle maskiert! das Publikum begeisterte, ist eine sogenannte On stage-Produktion des Musiktheaters, bei der das Publikum direkt auf der Bühne platziert wird, ganz nah dran und exklusiv für neugierige Opern-Entdecker!
Das schreibt die Presse
Klaus Niehörster, Rheinische Post, 02.10.23Funkensprühende Turbulenz!
Die musikalischen Komödie „Passionnément – Verrückt nach Liebe“ entführt die Zuschauer nach Frankreich. Charaktere für ein saftiges Boulevardstück sind genügend aufgefahren, wie die Premiere zeigte.
[…] Schenkelklopfender lauter Humor nach volkstümlicher deutscher Art ist das nicht, was da auf der Bühne geboten wird, sondern hier agieren die Akteure mit dem Florett, […]. Zu funkensprühender Turbulenz war also die Basis gelegt. Stets kommt jemand aus einer Theatertür, und immer ist das mit einer Überraschung verbunden.
Die Protagonisten haben zu lernen. Im Umgang mit Liebesbeziehungen, ob nun in oder außerhalb einer Ehe, ist man in Frankreich diskret bis zur Toleranz. Kurzgefasst geht es im Plot um das Geschehen auf einer in Südfrankreich anlandenden Yacht, um einen scheinbar lukrativen Deal, das Zimmermädchen Julia, das auf sexuelle Befriedigung hofft, den Kapitän Harris, Robert Perceval mit der eifersüchtigen Geliebten Heléne Le Barrois und deren Gatten. Charaktere für ein saftiges Boulevardstück sind also genügend aufgefahren.
[…] Unterstützt wird die Comédie musicale in drei Akten von André Messager von Niederrheinischen Sinfonikern unter Sebastian Engel. Sie spielen zurückgenommen und rahmen das Geschehen gekonnt ein. Eingängige Soli unterstützen und kommentieren die Handlung; wobei auffällt, dass die Frauenstimmen sehr viel kräftiger und akzentuierter sind als die der Männer. Aber das tut dem überzeugenden Gesamteindruck keinen Abbruch. Ein wahres Highlight ist dabei das Walzerlied, das den Bonvivant Robert Perceval zum Romantiker macht. Zu Lebzeiten noch wurde dieses Stück André Messagers zum Schlager, der in den Gassen von Paris geträllert wurde.
Es gibt natürlich regelrechte schauspielerische Höhepunkte. So im zweiten Akt, als der von hohen Spielschulden bedrückte Liebhaber Robert Perceval sein ganzes Haus mit Margariten schmückt, um zugleich das Liebesorakel Blatt für Blatt zu befragen. „Sie liebt mich“, sie liebt mich nicht.“ Er ist es, der passionnément – leidenschaftlich – liebt, denn schließlich ist er ein Franzose. Und soviel Inbrunst lässt „Margarete“ alias Ketty nicht unbeeindruckt. Und schon ist es um sie geschehen. Auch das Buffo-Paar Hélene le Barrois und Adolphe Le Barrois hat seine auffallenden Glanzauftritte. Beispielsweise kugelt Adolphe (Hayk Deinyan) bei seinen unzähligen Gelegenheiten, Erstaunen zu zeigen, sehr gekonnt die Augen.
Der Star ist Perceval. Er ist ganz groß im Flirten, geht direkt vor und „weiß, was er will“, so ist im Programmheft zu erfahren. „L´amour Parisien“ wird hier voll zelebriert. Doch dazu gehört auch der Wankelmut. Deshalb bekennt die Autorin Anne Gerstenberg (Programm), dass ihre Liebe doch eher dem Modell deutscher Partnerschaft entspricht.
Sabine Weber, klassikfavori, 03.04.23Witzig, spritzig und mit Stil: Operette kann so gut sein!
[…] In Krefeld sitzt alles! Auch wenn die ursprüngliche Rollenbesetzung des Kapitäns wegen Krankheit durch Regisseur Ulrich Proschka auf der Bühne ersetzt wird, Opernchorsänger Tomonobu Kurokawa leiht ihm von der Seite, mit Finger in der Partitur mitlesend, die Stimme, sitzt in Krefeld einfach alles.
Die schauspielerische Leistung des Ensembles – immerhin an die zwei Stunden ohne Pause gerechnet – ist in jedem Moment umwerfend. Das Publikum erlebt hautnah mit. Es sitzt nämlich auf der Bühne. Regisseur Proschka hat den französischen Text passgenau auf die Musik ins Deutsche übertragen. Die Dialoge hat er sogar mit heutigem Witz durchsetzt, der nie seine Wirkung verfehlt oder gewollt wirkt. Und quasi jedes Wort kommt zu gestisch mimischer Wirkung. So gut kann Operette sein!
Wie Markus Heinrich die Arroganz und Überheblichkeit des millionenschweren Geschäftsmanns Stevenson verkörpert und im letzten Akt auch noch den Betrunkenen mimt, muss ihm erst einmal jemand nachmachen. Gabriela Kuhn gibt seine liebenswerte Frau Ketty mit keusch-klarem Sopran, macht sich auch, wie vom Mann verordnet, mit weißer Perücke und blauer Brille 30 Jahre älter und trifft dennoch – ohne Verkleidung – zufällig auf den französischen Charmeur Robert, der sich gleich in sie verliebt. Umwerfend attraktiv gibt Miha Brkinjač diesen Strahlemann.
Brkinjač gehört zum Opernstudio Niederrhein, und sein wunderbares Tenortimbre wird auch noch den letzten Schliff operettenhafter Geschmeidigkeit bekommen. Kejti Karaj, ebenfalls aus dem Opernstudio, gibt das durchtriebene und doch liebenswerte Dienstmädchen und leiht ihr eine volle sonore Stimme. So wie Indre Pelakauskaite mit ihrem hellen Koloratursopran die aufdringliche Baronin gibt, der Baron Adolphe – Hayk Deinyan aus dem Ensemble ist sich nicht zu Schade für diese Sprechrolle – auf die Schliche kommen will.
[…] Christine Knoll hat ein Bühnenbild gezaubert, dass eine elegante Yacht andeutet. Herum gekehrt wird sie zum Salon in der Reichen-Villa, wo sich die Verwicklungen zuspitzen, es zum Fister Nöllchen zwischen Ketty und Robert kommt und alles sich schlussendlich neu fügt!
Wer auch nur ein bisschen Operette liebt, muss nach Krefeld!
Die Musik ist charmant, trotz kleiner Salonorchesterbesetzung, immerhin mit zwei Hörnern, doppelten Oboen und Flöten und Klavier vollstimmig, greift Walzer, Musette, dazu amerikanische Unterhaltungstanzgenres auf, verfällt aber nie zu strikt einem Muster. Die Niederrheinischen Sinfoniker bleiben unter der Leitung von Sebastian Engel stets elegant im Ton, auch da hätte es vielleicht hier und da ein bisschen geschmeidiger sein können. Insgesamt ist der wirklich großartigen Gesamtleistung zu gratulieren. Wer auch nur ein bisschen Operette liebt, wird in Krefeld begeistert werden….
Heide Oehmen, Rheinische Post, 06.03.23Wunderschöne Melodien, großer Einsatz und mitreißendes Engagement!
Als deutschsprachige Erstaufführung präsentiert das Theater „Passionnément“, eine zu Unrecht vergessene „Comédie musicale“ des französischen Komponisten André Messager (1853-1929). Das Publikum dankte mit großem Jubel.
Ein Glückselixier kann – entgegen aller Warnungen – der Alkohol sein, das suggeriert zumindest die jüngste Produktion der Vereinigten Bühnen. “Verrückt nach Liebe“ hat Übersetzer und Regisseur Ulrich Proschka das 1926 uraufgeführte Werk genannt, mit dem André Messager, dessen Oeuvre zwischen Offenbach und den Chansons anzusiedeln ist und der in Frankreich einen Bekanntheitsgrad hat wie hierzulande Lehár oder Kálmán, in seinen letzten Lebensjahren noch einmal große Erfolge feierte.
Alles dreht sich in dieser „opérette légère“ um den amerikanischen Millionär William Stevenson, der – begleitet von seiner Frau Ketty – mit seiner Yacht „Arabella“ unterwegs nach Frankreich ist, um einem reichen französischen Erben ein angeblich wertloses, aber in Wirklichkeit Unmengen Oel enthaltendes Stück Land, das dieser geerbt hat, für einen Spottpreis abzukaufen. […]
Dieser völlig verrückten und eigentlich banalen Geschichte widmen sich die Sängerinnen und Sänger – nicht zuletzt dank der wunderschönen Melodien – mit großem Einsatz und mitreißendem Engagenment. Allen voran die vier Mitglieder des Opernstudios. Kejti Karaj mit großvolumigem, rassig strömendem Mezzo ist die schwärmerische Julia, die bisher vergeblich die große Liebe suchte. Indre Pelakauskaite setzt ihren blühenden, höhensicheren Sopran sehr gekonnt mal schmeichelnd, dann wieder zickig als nicht ohne Grund eifersüchtige Hélène ein. Jakob Kleinschrot mit aussagekräftigem, klug geführtem Tenor ist der immer etwas ins Hintertreffen geratende Captain, während Miha Brkinjac sowohl stimmlich als auch darstellerisch dominiert. Mit seinem einschmeichelnden Bariton wirkt er ebenso verführerisch wie mit seinem selbstsicheren Auftreten.
Dominant, wenn auch nur in einer Sprechrolle, ist Hayk Deinyan als von seiner blonden Schönen verlassener Ehemann. Gabriela Kuhn gelingt mit Liebreiz, einfühlsamem Spiel und makellosem Gesang die Wandlung von der willenlosen Ehefrau zur begehrenswerten und überraschend jung wirkenden „Margaret“. Markus Heinrich macht aus der Wandlung seiner Persönlichkeit keine Klamotte, sein Singen und Spielen hat auch in solchen Situationen immer noch Stil. Er und seine Mitstreiter nehmen – das zeigt auch die sorgfältige Diktion in den Dialogen – zum Glück die Operette ernst.
Christine Knoll sorgt mit geschmackvollen Kostümen und lichter Bühnenausstattung – zunächst im Hintergrund die Yacht Arabella, später eine Wand, übersät mit Margeriten (als Hommage an die „verwandelte“ Ehefrau), für eine sehr freundliche Optik.
Die „Niederheinischen Sinfoniker“, die ebenso wie das Publikum auf der Bühne Platz genommen haben, bieten – in mittelgroßer Besetzung – unter Sebastian Engels umsichtiger und stilsicherer Leitung melodische Eleganz und klanglische Raffinesse, die sich mit den vokalen Leistungen nahtlos verbinden.
Großer Jubel als Dank an alle Mitwirkenden für eine verdienstvolle und lohnende „Ausgrabung“.
Daniel Hirschel, orpheus magazin, Mai/Juni 2023Ein gelungenes Kabinettstück!
Die Produktion lässt insgesamt nur den einen Wunsch offen: mehr französische Operette mit genau diesem Ensemble!
Das schlichte Bühnenbild – eine ganz in Weiß gehaltene Yacht im ersten Akt und die von Margeriten übersäte, lilafarbene Villa Percevals – schärft die Sinne für die von Bonmots und geschliffenen Dialogen reiche Operette in der fabelhaften Übersetzung von Regisseur Proschka. Keine Pointe der gewitzten, mustergültigen deutschen Fassung geht so verloren. Die Inszenierung lässt das Stück so vital, frech und unverbraucht aktuell erscheinen, als sei es gerade gestern erst geschrieben worden. Proschkas Regie vermeidet zugunsten subtil-ironischen Witzes wohltuend jegliche Untiefe schenkelklopferischen Klamauks und liefert ein herausragendes Kabinettstück bester Komödie mit Haltung und Anspruch auf dem Fundament natürlicher Leichtigkeit im Geiste der 1920er Jahre. Er erweist sich als undogmatischer Brückenbauer, die für die Operette so wichtigen Subtexte erkennbar zu machen, was großartig gelingt und beim Publikum ankommt. Das zeigt sich besonders in der feinsinnigen Dialogregie und dem untrüglichen Gespür für Pointen und Timing, ideal für die Operette.
Dafür, dass der zweieinhalbstündige Abend wie im Fluge vergeht, sorgt auch ein großartiges Ensemble, das sich zur einen Hälfte aus Hauskräften, zur anderen aus Mitgliedern des Opernstudios Niederrhein rekrutiert. Alle Partien sind typgenau besetzt und bestechen durchweg mit wunderbar schlichtem, pointiertem Gesang. Miha Brkinjac als Perceval und Kejti Karaj (Julia) zügeln ihre (für die Partien) zu groß dimensionierten Opernstimmen.
Indre Pelakauskaite als Geliebte ist eine echte Entdeckung: eine Operettendarstellerin erster Güte. Hayk Deinyan (Adolphe Le Barrois) wirkt schon qua Erscheinung und bleibt auch mit seinen kleinen Auftritten im Gedächtnis – ein Typ, wie ihn jede Operette braucht. Markus Heinrich als Multimillionär Stevenson erinnert dezent an Louis de Funes. Und schließlich Gabriela Kuhn, die als vorgebliche Nichte die Frische einer 20 -jährigen und als gespielt 8o -jährige den zurückhaltenden, Grande- Dame-haften Habitus einer englischen Königin hat – ein gelungenes Kabinettstück.
Michaela Plattenteich, Westdeutsche Zeitung, 06.03.23Man ist ganz nah am Geschehen!
Die verborgenen Schätze in der Musik, es gibt sie noch. Dabei handelt es sich oft um Werke, die aus unterschiedlichen, nicht immer nachvollziehbaren Gründen in Vergessenheit geraten sind. So einen Schatz hat jetzt das Theater Krefeld Mönchengladbach gehoben und als deutsche Erstaufführung auf die Bühne gebracht.
„Passionnément – Verrückt nach Liebe“ ist eine charmante „Comèdie musicale“, die 1926 in Paris uraufgeführt wurde. Der Komponist André Messager (1853-1929) zählte zu den außergewöhnlichsten Musikerpersönlichkeiten seiner Zeit. Er war ein Schüler von Gabriel Fauré, war in Paris als Kirchenmusiker, Dirigent und Komponist tätig und setzte sich sehr für die Werke zeitgenössischer Kollegen ein. Besondere Erfolge hatte er im Unterhaltungsgenre, speziell im Bereich der Operette. […]
Im Theater Krefeld hat Regisseur Ulrich Proschka das Stück ins Deutsche übersetzt und auf eine frische Art und Weise inszeniert. Wie bereits bei einigen Stücken erfolgreich praktiziert, werden auf der großen Bühne des Stadttheaters auch die rund einhundert Zuschauer platziert. Eine konzentrierte Nähe entsteht so, man ist ganz nahe am Geschehen. Auch das Orchester, eine kleinere Besetzung der Niederrheinischen Sinfoniker, befindet sich hier. Die Handlung führt, einer damaligen Mode entsprechend, in die Welt der Reichen und Schönen. Das leicht verwandelbare Bühnenbild (Christine Knoll) zeigt zunächst die Yacht eines amerikanischen Millionärs und dann die Villa eines französischen Lebemannes. Die Kostüme (ebenfalls Christine Knoll) rücken das Ganze von den 1920er-Jahren in eine Ästhetik, die man aus den Serien „Dallas“ und „Denver Clan“ kennt. Dadurch entsteht ein stärkerer Bezug zur Gegenwart, aber es bleibt auch eine Fantasiewelt. Glücklicherweise wird dabei nichts überzeichnet, sondern mit sehr viel Geschmack umgesetzt.
[…] Mit feinem Humor schlüpft Gabriela Kuhn in die Rolle der alten Dame und verkörpert sehr glaubhaft auch die eigene Nichte „Margaret“, die dem französischen Geschäftspartner ihres Mannes, Robert Perceval (Miha Brkinjač), den Kopf verdreht. Die Szene, in der sich die beiden zu dem Walzerlied „Passionnément“ näherkommen, zählt zu den zauberhaftesten des Abends. Die Musik mit ihren sehr eingängigen Melodien hat einen durchweg eleganten, leichtfüßigen Charakter, der zu der etwas vorhersehbaren Handlung ein gutes Gegengewicht bildet. Unter der Leitung von Kapellmeister Sebastian Engels interpretieren die Niederrheinischen Sinfoniker dies entsprechend. Die Figuren erfordern Sänger mit viel darstellerischem Talent. Neben den bewährten Profis Markus Heinrich, Gabriela Kuhn und Hayk Deinyan ist dies vor allem der Abend der jungen Sängerinnen und Sänger des Opernstudios. Allen voran Miha Brkinjač, der für die Rolle des charmanten Liebhabers Perceval eine Idealbesetzung ist. Indres Pelakauskaite überzeugt als seine mondäne Geliebte und Kejti Karaj und Jakob Kleinschrot sorgen als Dienstmädchen und Kapitän für viele humorvolle Momente.Wer sich auf angenehme und kurzweilige Art unterhalten möchte, ist bei dem Stück „Passionnément“ bestens aufgehoben. Das Premierenpublikum zeigte sich entsprechend begeistert.
Ernst Müller, Extra-Tipp, 06.03.23Ein spritziger Stimmungsaufheller!
Es sind ernste Zeiten. Krieg in Europa, Inflation, Energieknappheit. Da hat Operndirektor Andreas Wendholz entschieden, dem Publikum etwas Heiteres zu bieten. Und das ist gelungen. Die französische Operette “Passionnément – Verrückt nach Liebe” von André Messager entpuppt sich als spritziger Stimmungsaufheller.
[…] Musik und Arien, die das Stück durchziehen, sind ebenso quirlig wie sein Inhalt. Wenn man Stereotypen gelten lassen will, könnte man sie vom Tembre her als “typische französische Leichtigkeit” wahrnehmen. Und da verwundert es sehr, dass ausgerechnet dieses Juwel der Operettenliteratur bisher nicht ins Deutsche übertragen wurde. Ulrich Proschka nun hat die Texte ins Deutsche übersetzt und für die deutschsprachige Erstaufführung am Theater Krefeld auch die Regie übernommen.
Bühnenbildnerin Christine Knoll hat ihm dazu eine Mini-Bühne gebaut, die auf der großen Bühne des Theaters platziert ist. Sie lässt sich drehen und zeigt einmal ein Luxusschiff, mit dem die Protagonisten von Amerika nach Frankreich schippern, und einmal die Villa des französischen Gastgebers.
Der größte Platz der Theaterbühne wird anderweitig gebraucht: Die Niederrheinischen Sinfoniker unter Leitung von Sebastian Engel sitzen nicht im Orchestergraben, sondern obendrauf. Das auf 99 Besucher reduzierte Publikum ist ebenfalls auf der großen Bühne platziert, die Mini-Bühne unmittelbar vor sich, das Orchester neben sich. Das verschafft extreme Unmittelbarkeit, man befindet sich quasi “mittendrin”. Die Pause nach 90 Minuten nutzen manche Besucher denn auch, sich einmal die beeindruckende Technik über und an der Bühne anzuschauen.
Die Geschichte, die die Operette erzählt, ist holzschnittartig, die sieben Aktuere sind keine Charaktere, sondern Typen. Eine Geschichte wie ein gespieltes Comic. Und der große Problemlöser, der am Schluss die Harmonie herstellt,ist der Champagner. Leichtfüßiger geht’s kaum.
Dem Publikum hat es großartig gefallen. Der Applaus bei der Premiere war lang und wurde durch Fußgetrampel noch unterstrichen. Das Ensemble freute sich, insbesondere da gleich vier der Sängerinnen und Sänger Nachwuchskünstler aus dem Opernstudio Niederrhein sind und diese gelungene Darbietung sicherlich als Rückenwind für ihre weitere Laufbahn werten dürfen.
Michael S. Zerban, O-Ton Kulturmagazin, 06.03.23Die Besetzung überzeugt und die Lacher sitzen!
[…] Das Theater hat die Zielgruppe an diesem Abend haargenau erwischt. Die Lacher sitzen, jede Gesangsnummer wird beklatscht. Was soll man da noch gegen das Komödienstadel einwenden? Zumal die Besetzung überzeugt, wenn man von Kleinigkeiten absieht. Auch wenn die Musik keine wirklich hohen Anforderungen stellt, verlangt sie von den Sängern doch enorme Konzentration. Denn die Niederrheinischen Sinfoniker sitzen an der Seite der verkleinerten Bühne, also vor dem Zuschauerraum. Was für das Publikum einem Mono-Effekt gleichkommt, dürfte den Sängern die Einsätze erheblich erschweren. Davon lassen sie sich aber in keiner Weise beeindrucken.
Gabriela Kuhn spielt und singt Ketty mit viel Koketterie. Als Dienstmädchen Julia glänzt Mezzosopranistin Kejti Karaj aus dem Opernstudio. Ebenfalls aus der Nachwuchsschmiede kommt Bariton Miha Brkinjač, der einen sympathischen Perceval abgibt, auch wenn der unüberhörbare osteuropäische Akzent nicht so ganz zum französischen Lebemann passen will. Indre Pelakauskaite aus dem Opernstudio stellt die Geliebte von Perceval überzeugend dar und lässt einen schönen Sopran hören. Hayk Deinyan verbreitet mit seinem gekonnten Auftritt als gehörnter Ehemann viel Freude. Die undankbare Rolle des Kapitän Harris, der zumeist grinsend herumstehen muss, wird von Tenor Jakob Kleinschrot souverän gelöst. Auch er kommt aus dem Opernstudio und gefällt, wie die anderen Teilnehmer, nicht nur in der Spielfreude, sondern vor allem in der Stimme. Markus Heinrich muss lange den Unsympathen spielen, erlebt seine Sternstunde dann aber in den letzten zehn Minuten, wenn er den betrunkenen Stevenson großartig interpretiert.
Sebastian Engel hat mit den Niederrheinischen Sinfoniker, die hier in eher kleiner Besetzung antreten, im doppelten Sinn leichtes Spiel. Joaquim Font Plans, der Mann am Klavier des Opernstudios, sekundiert am Flügel den oft süßlichen Klang Messagers, der ganz wunderbar zum Stoff passt.
Freunde der Komödie werden an dieser Operette legère sicher ihre Freude haben. Bei der Premiere wird jede Musiknummer beklatscht, ehe es zum Ende noch einmal rauschenden Applaus für alle Beteiligten gibt.
Vorberichte in der lokalen Presse:
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Eine frivole Opéra bouffa, bei der Amouröses und guter französischer Wein zu den Inspirationsquellen gehören.
Rheinische Post, Petra Diederichs, 07.02.23 Zum Beitrag -
Das Theater Krefeld ist “verrückt nach Liebe”.
Westdeutsche Zeitung, Christian Oscar Gazsi Laki, 07.02.23 Zum Beitrag