Stummfilmstar Norma Desmond will nicht glauben, dass mit dem Aufkommen des Tonfilms ihre große Zeit vorbei ist. In ihrer luxuriösen Villa am Sunset Boulevard, unweit der Hollywood-Traumfabriken, lebt sie in ihrer eigenen Fantasiewelt und wartet auf eine günstige Gelegenheit für ein Comeback. Als es den jungen Drehbuchautor Joe Gillis auf ihr Anwesen verschlägt, gerät er in den Sog ihrer faszinierenden Persönlichkeit und treibt ahnungslos seinem Untergang entgegen.
Mit Sunset Boulevard gelang Billy Wilder 1950 ein berührendes Filmepos über den Untergang eines Filmstars und einer ganzen Epoche, und rechnete darin mit dem gnadenlosen System der Hollywood-Filmindustrie ab. Der britische Starkomponist Andrew Lloyd Webber (geb. 1948) machte aus dem Stoff ein Musical, das mehr als 25 Jahre später ebenfalls zum Klassiker avanciert ist.
Aufführungsrechte: www.musikundbuehne.de und www.reallyuseful.com
Diese Produktion wird gefördert von der Gesellschaft der Freunde des Krefelder Theaters e. V.
DAS SAGT DIE PRESSE
Angela Wilms-Adrians, Rheinische Post, 25.10.2022Anhaltender Beifall und lauter Jubel!
Der Einstieg ist ein wahrer Krimi: Sirenen heulen auf, Blaulicht flackert, ein Mann liegt tot im Pool, und ein Kameramann bannt das Geschehen auf Zelluloid. Doch dann erzählt das Opfer Joe Gillis rückblickend seine Geschichte.
Es ist die Begegnung mit einer gnadenlosen Filmindustrie und mit Norma Desmond, fast vergessener, doch immer noch reicher Star der Stummfilmära. Zu dieser Tragödie cineastischen Ausmaßes entfaltet Francois De Carpentries‘ Inszenierung des Musicals „Sunset Boulevard“ den Stoff in reich und vielschichtig angelegter Erzählung. Da greifen die Rädchen im Einsatz der vielen Beteiligten auf und hinter der Bühne stimmig ineinander. In diesem Musiktheater ist die Filmwelt als Medium allgegenwärtig einbezogen über großflächig eingespielte Filmsequenzen aus der Stummfilmzeit und späteren Jahren.
Unter Yorgos Ziavras musikalischer Leitung spielen die Niederrheinischen Sinfoniker lebendig und einfühlsam Andrew Lloyd Webbers Musik. Die Rolle der Norma Desmond ist mit Debra Hays und Gabriela Kuhn doppelt besetzt. Zur Premiere mimte Kuhn in Gesangsstimme und Auftreten grandios den einstigen Filmstar, der auf ein Comeback hofft. „Ich bin groß. Es sind die Filme, die klein geworden sind“, lässt sie ihre Figur mit herausfordernder Grandezza sagen. Kuhn entfaltet gekonnt die für den Stummfilm so charakteristisch vollkommen überzogene Theatralik der Diva. Sie stellt mit großer Geste Norma Desmonds grenzenlosen Egoismus dar wie auch in feinen Schattierungen Verletzbarkeit und mitleiderregende Tragik der Figur. Oliver Arno überzeugt stimmlich und darstellerisch als mittelloser Drehbuchautor Joe Gillis, der auf verhängnisvolle Weise in den Bann der Diva gerät.
Seine Liebe aber gehört Betty Schaefer, sie wird von Susanne Seefing verkörpert. Mit ihr singt er betörende Liebesduette, die dann eine dramatische Wendung nehmen. Markus Heinrich verkörpert anschaulich den Part des Buttlers Max von Mayerling im Spannungsfeld zwischen betont distinguiertem Auftreten und dem unbedingten Willen, Norma Desmond zu schützen.
Inszenierte Begegnungen im abgedunkelten Salon der Diva prallen auf lebenssprühende, hektische, quirlige Szenen. Opernchor und Mitglieder des Opernensembles treten kraftvoll und lebendig auf. Mitglieder des Jugendclubs Musical- Dance werden in Silvia Behnkes Choreografie zu Komparsen, die in farbenfrohen Kostümen Filmszenen assoziieren. Vor Gesichtern gehaltene Porträtfotos erinnern an verstorbene Legenden der Filmgeschichte. Kontrastierend mit der Tragödie blitzen persiflierende Szenen auf, wie der groteske Trauerzug zur Beerdigung des Schimpansen und ein Heer von Karl Lagerfeld-Kopien als Ausstatter für Normas Liebhaber. Eine stilisierte Verfolgungsjagd in als Autos zweckentfremdeten Theatersitzen findet ein filmisches Pendant auf der Rückwand.
Siegfried E. Mayers Bühnengestaltung spiegelt in der Einrichtung des Salons mit übergroßen Porträts und gewundener Treppe für den großen Auftritt das Selbstverständnis der Diva.
Ein absenkbarer Raumteiler verschließt bei Bedarf diese verstaubt anmutende Welt und ergänzt die Projektionsflächen. Das Musical endet nach etwa drei Stunden im filmreifen Abgang der ihrem Wahn verfallenen Diva. Die Premierenbesucher dankten mit anhaltendem Beifall und lautem Jubel. Großes Kino an der Odenkirchener Straße.
Christina Schulte, Rheinische Post, 14.03.2022Ein großes Vergnügen, die Tragödie in Hollywood auf der Bühne zu erleben.
[…] Regisseur Francois De Carpentries hat “Sunset Boulevard” zusammen mit Siegfried E. Mayer (Bühne) und Karine Van Hercke (Kostüm) auf die Bühne des Stadttheaters gebracht. Debra Hays’ Norma Desmond ist wirklich eine Diva, die den Zuschauer mit ihren Balladen und Auftritten in den Bann einer vergangenen Welt zieht.
[…] Das “wahre Leben” Hollwoods wird hier mit bunten Kostümen und Lichtern wie ein Zirkus dargestellt, in dem auch getanzt wird – die Figuren aus den historischen Filmen jener Zeit lassen grüßen – und bildet einen gelungenen Kontrast zu dem ruhigen Leben in der verstaubten Villa. Hier hat Norma Desmond in kostbaren Roben ihre Auftritte – das gelingt grandios. […] Zwei riesige Porträts von ihr rahmen die Bühne ein. Es wird auch sonst mit Filmplakaten und -ausschnitten, mit Schwarz-Weiß-Fotos von Filmlegenden gearbeitet. Die Fülle dieser bewegten und unbewegten Bilder spiegelt den Reichtum Hollywoods. Und die Kraft der Illusion: Am schlus schreitet Norma Desmond ein letztes Mal die geschwungene Treppe hinab und sagt: “Jetzt bin ich bereit für die Nahaufnahme.”
Der Musicalkomponist Andrew Lloyd Webber hat für “Sunset Boulevard”, Uraufführung 1993, zwie Akte mit 34 Nummern komponiert. Er spielt virtuaos mit den verschiedenen Genres, so dass die Balladen von Norma Desmond an Stummfilmmusik erinnern, die Chornummern mit Jazz oder Tänzen oder Popelementen von großer Lebendigkeit sind, Das alles bewältigen die Solisten und der Chor mit enormer Kraft – es ist ein großes Vergnügen, die Tragödie aus Hollywood auf der Bühne zu erleben.
Michaela Plattenteich, Westdeutsche Zeitung, 14.03.2022Hollywood-Tragik als großes Theater – eine umjubelte Premiere!
[…] Das Ergebnis ist ein in jeder Hinsicht opulenter Abend. Was Regisseur Francois De Carpentries und sein Team (Bühne: Siegfried E. Mayer, Kostüme: Karine Van Hercke, Video: Aurélie Remy) kreiert haben, ist ganz großes Kino.
[…] Eingebettet in die extrem gefühlsbetonte Musik von Lloyd Webber gleitet der Abend filmartig von Szene zu Szene. das Aufeinanderprallen der alten Stummfilmwelt der Diva und die hektische Betriebsamkeit des neuen Hollywoods der 1950er Jahre ist gut herausgearbeitet. Die scharfe Kritik am Hollywood-System, die Wilders Film kennzeichnet, bleibt dabei ein wenig auf der Strecke. Das liegt weniger an der Umsetzung als am Stück selbst, das mit seiner Musik (in der großen Orchesterfassung von den Niederrheinischen Sinfonikern unter Yorgos Ziavras glänzend interpretiert) vor allem auf die Gefühlsebene setzt.
Viele Melodien haben weichgespülte Ohrwurmqualitäten und übertünchen damit die Tragik der Handlung. Doch im Gegenzug überzeugt die intensive Personenregie, die De Carpentries’ Arbeiten stets auszeichnet. So ist es, was die Hauptrollen betrifft, der Abend der Darsteller. Allen voran Debra Hays, die als Norma Desmond alle Starqualitäten für die Rolle mitbringt und zwischn edn großen Gesten auch die Verzweiflung und den zunehmenden Wahnsinn spüren lässt. Mit Olöiver Arno als Joe Gillis hat sie einen wunderbaren Partner an ihrer Seite, der alle Facetten der Musicaldarstellung perfekt beherrscht und die zerissenheit der Figur sichtbar macht. Stimmlich und darstellerisch sehr präsent und einfühlsam ist Boshana Milkov als betty Schäfer. als Normas Ex-Ehemann und jetziger Butler, der durch seinen unterwürfigen Dienst ihre Illusionen bestärkt, zeigt Markus Heinrich eine eindrucksvolle Charakterstudie. Der Opernchor, Mitglieder des Opernensembles und des Jugenclubs Musical Dance tragen zu einer insgesamt stimmigen Ensembleleistung bei. Ein in jeder Hinsicht opulenter Theaterabend, wie man ihn lange niht mehr erleben konnte.
Markus Lamers, Der Opernfreund, 28.03.2022Stimmlich wie immer brillant!
[…] De Carpentries hat hier zusammen mit seinem Team (Bühne: Siegfried E. Mayer, Video: Aurélie Remy, Kostüme: Karine Van Hercke) eine ganz wunderbare und stimmige Inszenierung geschaffen, die dem Gemeinschaftstheater auch bei der Anzahl der mitwirkenden Personen auf und hinter der Bühne einiges abverlangt.
Immer wieder streut er geschickt Bezüge zu den großen Filmen der 50er-Jahre ein. Übermäßiger Bombast ist hierbei auch gar nicht notwendig. Getragen wird das Stück auch durch die herovorragende Komposition Andrew Lloyd Webbers, die in Krefeld in der gelungenen deutschen Übersetzung von Michael Kunze gespielt wird. […] Unter der musikalischen Leitung von Yorgos Ziavras sielen die Niederrheinischen Sinfoniker schwungvoll und präzise. Dass hierbei die sogenannte “Symphonic Version” für das große Orchester zum Einsatz kommt, die erstmals 2016 an der ENO in London aufgeführt wurde, macht den Besuch noch empfehlenswerter. Auch die Besetzung in Krefeld kann sich wieder einmal hören lassen. Für die Rolle des Joe Gillis konnte kein geringerer als Oliver Arno gewonnen werden. Der österreichische Musicaldarsteller hat diese Rolle bereits in verschiedenen Inszenierungen übernommen, so dass er eine gewisse Souveränität an den Tag legt, was in diesem Fall durchaus positiv gemeint ist. Stimmlich wie immer brillant. Ihm zur Seite stand in der besuchten Vorstellung Gabriela Kuhn in der Rolle der Norma Desmond. Ganz wunderbar verkörpert sie die exzentrische Filmdiva mit großen Gesten und passendem Gesang. Am Anfang noch durchaus selbstbewusst (“Nur ein Blick”), im Verlauf des Abends immer mehr dem Wahnsinn verfallen. Erwähnenswert auch Markus Heinrich als Butler Max von Mayerling, der egal in welcher Rolle, den Theaterbesuch in Krefeld oder Mönchengladbach stets lohnend macht. In den weiteren Rollen sind u. a. Susanne Seefing als Betty Schaefer, Thomas Peter als Cecil B. de Mille und Robin Grunwald als Joes Freund Artie Green zu sehen. Für den verhinderten Hayk Deinyan sprang am vergangenen Wochenende kurzfristig Daniel Berger ein, der die Rolle des Sheldrake bereits in Dortmund vor einigen Jahren verkörperte. Schön auch den Opernchor mal wieder in einer großen Inszenierung erleben zu dürfen. Alles in allem bietet „Sunset Boulevard“ allen Theaterfreunden am Niederrhein allerbeste Unterhaltung und einen rund dreistündigen Theaterbesuch, den man so schnell nicht vergessen wird.