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Musiktheater

Die Nachtwandlerin (La Sonnambula)

Oper in zwei Akten // Musik von Vincenzo Bellini // Libretto von Felice Romani Leitung Besetzung

21. Mai 2023 – 4. Februar 2024

Dauer Ca. 165 Minuten inkl. Pause Sprache Italienisch mit deutschen Übertiteln

Derzeit keine aktuellen Vorstellungstermine.

Bellinis La Sonnambula gehört zu den Top-Opern des Belcanto-Repertoires und wird nun erstmals am Gemeinschaftstheater zur Aufführung gelangen. Mit der seinerzeit üblichen Gattungsbezeichnung „semi-seria“ (halbernst) machen die Autoren darauf aufmerksam, dass sie hier einen ernsten Stoff verhandeln, bei dem aber ein Happy End sicher ist! In der nur vordergründig naiven Handlung und der artifiziellen Musiksprache sucht Regisseur Ansgar Weigner in seiner Inszenierung nach tieferen Bedeutungsebenen und aktuellen Aussagen.

Handlungsort der Oper ist ein idyllisches Schweizer Bergdorf. Doch die Idylle gerät ins Wanken als die junge Braut Amina am Tag vor ihrer Hochzeit schlafend im Hotelzimmer eines Grafen entdeckt wird. Daraufhin verstößt sie ihr eifersüchtiger Verlobter Elvino und die Dorfgesellschaft fällt mit Spott und moralischer Verachtung über Amina her. Erst als sich herausstellt, dass Amina eine Nachtwandlerin ist, fällt der Verdacht der Untreue von ihr ab und die Hochzeit kann gefeiert werden.

Bei ihrer Mailänder Uraufführung 1831 erzielte die Oper, die Bellini eigens für die damals berühmte Primadonna Giuditta Pasta komponierte, einen enthusiastischen Erfolg. Hochvirtuose Koloraturläufe, weitgespannte Melodienbögen und hohe Spitzentöne zeichnen dieses Meisterwerk des Belcanto aus und entfalten eine geradezu sinnliche Wirkung auf das Publikum.

Weitere Einblicke in die Inszenierung von Ansgar Weigner und Video-Interviews mit Sopranistin Sophie Witte finden Sie hier.

Michael S. Zerban, O-Ton Kulturmagazin, 22.05.23

Die Besucher werden noch lange von diesem Ereignis schwärmen!

[…] Bellini verlangt hohe Kunstfertigkeit von seinen Sängern. Und da ist das Ensemble im Rheydter Theater sehr gut aufgestellt. Angefangen mit Sophie Witte, die eine grandiose Amina singt.

Darstellerisch verlangt Weigner nicht allzu viel von seinen Solisten. Da kann nicht nur Witte glänzen. Auch Janet Bartolova gefällt als ihre Mutter. Matthias Wippich als Graf Rodolfo beeindruckt insbesondere mit seinem souveränen Auftritt. Vor allem im zweiten Akt gefällt sein sonorer Bass. Als Elvino, der hochgradig verliebt der Hochzeit entgegenfiebert, irritiert Woongyi Lee zunächst, wenn er – von den Frauen abgewendet – stets zur Rampe singt. Erst im Verlaufe des Abends wird deutlich, dass es hier nicht um die Akustik oder den mangelnden Einfallsreichtum des Regisseurs geht, sondern die nicht vorhandene Empathie des Gutsbesitzers der Grund der fehlenden Zuwendung ist. Ebenfalls wenig Nähe ist bei Wirtin Lisa zu erwarten. Indre Pelakauskaite aus dem Opernstudio spielt die Ungeliebte absolut überzeugend und gefällt im geforderten Gesang. In den kleineren Rollen des Bauern Alessio und des Notars sind Miha Brkinjač und Jakob Kleinschrot zu erleben, beide ebenfalls aus dem Opernstudio Niederrhein.

Eine herausragende Rolle nimmt der Opernchor des Theaters Krefeld Mönchengladbach unter Leitung von Michael Preiser ein. Weigner fordert ihn darstellerisch, und der Chor reagiert ausgesprochen spielfreudig. […]

Der Generalmusikdirektor [Mihkel Kütson], der es sich nicht nehmen lässt, die erste Aufführung der Sonnambula am Theater Krefeld Mönchengladbach selbst zu dirigieren, arbeitet sich ordentlich daran ab, die Balance zwischen den Niederrheinischen Sinfonikern, Sängern und dem Chor zu halten. Das gelingt ihm klaglos. […]

Das hindert das Publikum kaum, seiner Begeisterung freien Lauf zu lassen. Zwar bleiben an diesem Abend viele, zu viele Plätze im Saal unbesetzt, aber das wird vom Applaus der Anwesenden überschwänglich ausgeglichen. Insbesondere Sophie Witte, deren Anima sich am Ende anders entscheidet, als Romani und Bellini es ursprünglich vorsahen, darf sich feiern lassen. Eine insgesamt überaus gelungene Inszenierung mit Darstellern, die keine größere Bühne zu scheuen brauchen, geht nach zweieinhalb Stunden so zu Ende, wie ein Intendant sich das wünscht: Die Besucher des heutigen Abends werden noch lange von diesem Ereignis schwärmen.

Michael Kaminski, concerti, 22.05.23

Stilsicherer Belcanto!

[…] Eine präzise Schilderung von individueller und kollektiver Psyche – Regisseur Ansgar Weigner nähert sich dem Kern des Werks, indem er zunächst die vom Libretto unerledigten Nebenstränge der Handlung befragt.

Denn unklar ist, weshalb sich Elvino von der Dorfwirtin Lisa trennte, der Sohn des Grafen einst das väterliche Schloss verließ, wer Aminas leibliche Mutter ist und wer das die Dörfler in Schrecken versetzende Gespenst. Letzteres deutet Weigner als Aminas verstorbene Mutter, die Tochter sieht er als deren uneheliches Kind vom Grafen. Dessen Sohn habe die Gegend verlassen, weil er den väterlichen Fehltritt nicht billigte. Aminas Mutter sei von der Dorfgemeinschaft in den Suizid getrieben worden. Um der kollektiven Selbstreinigung von diesem Vergehen willen sei Elvino zur Lösung seiner Beziehung zur Dorfwirtin und zum Heiratsantrag an Amina veranlasst worden. Sie solle erhalten, was ihrer Mutter nicht vergönnt gewesen sei, die beste Heiratspartie des ganzen Ortes. Indessen setze sie ihre vermeintliche Lasterhaftigkeit einem Kesseltreiben aus wie jenem, das sich einst gegen ihre Mutter richtete. Keine Frage, bei Weigner mutiert „La sonnambula“ zum beinahe analytischen Drama.

Solcher Scharfsinn bekommt dem Werk, wenngleich sich nicht jede dieser Setzungen mit gleicher Evidenz erschließt. Begreiflich wird vor allem der Status der Titelfigur als zugleich Hätschelkind und Außenseiterin des Dorfes. Auch lassen sich Elvinos rigorose Begriffe von weiblicher Tugend samt seiner daraus folgenden Besitzansprüche und Eifersuchtstiraden über persönliche Charaktereigenschaften hinaus als ihm von der Dorfgemeinschaft zugewiesene Rolle auffassen. Dorfwirtin Lisa hat hinter den kollektiven Ansprüchen zurückzustehen. Weigner behält die Verbitterung der jungen Frau stets im Blick. Ob sie sich geben wird, nachdem die Titelfigur – gegen die Vorgabe des Librettos – sich final der Hochzeit mit Elvino verweigert und das Dorf verlassen hat, muss offen bleiben. Hermann Feuchters Bühne deutet klassizistische Architektur an. Schiebewände erlauben rasche Orts- und Perspektivwechsel. Die Räume erweitern den schmalen Ausschnitt von Caspar David Friedrichs „Frau am Fenster“. Susanne Hubrich kleidet Amina anfänglich denn auch wie auf Friedrichs Gemälde. Überhaupt verweisen sämtliche Kostüme auf die dem Bild und der Oper gemeinsame Entstehungszeit.

Auch musikalisch weiß die Mönchengladbacher „Sonnambula“ zu gewinnen. Der Chor des Zweistädteinstituts unter Michael Preiser gewinnt bereits im ersten Akt zunehmend an Präsenz und Durchschlagskraft. Mit den Niederrheinischen Sinfonikern begleitet Mihkel Kütson das Bühnengeschehen sensibel und legt sich, wenn erfordert, spannungsgeladen ins Zeug. Sophie Witte spannt als Amina weite sangliche Bögen und beweist sich überaus koloraturgewandt. Für Elvino bietet Woongyi Lee erhebliche Strahlkraft auf. Indre Pelakauskaite gibt eine vokal gut fokussierte Lisa. Matthias Wippich ist ein weltmännisch-galanter Grafensohn Rodolfo.

Dirk Richerdt, Rheinische Post, 22.05.23

Kein Traum: neun Minuten lang Ovationen!

Traum-hafter Schluss ganz unerwartet: Ansgar Weigner inszeniert, Mihkel Kütson leitet die romantische Belcanto-Oper „Die Nachtwandlerin“ von Vincenzo Bellini famos. Wie das Publikum reagiert.

[…] Mit wenigen Motiven markiert die Oper „Die Nachtwandlerin“ zu Beginn die Eckpunkte der Handlung. Hinter der wogenden Oberfläche des von Regisseur Ansgar Weigner ständig in Bewegung gehaltenen Chorkörpers verbirgt sich eine tiefere Schicht, die von Träumen, Sehnsuchtsorten und Seelen-Labyrinthen weiß. Das verrät schon in der ersten Szene eine geheimnisvolle Frau im Biedermeierkleid, die den Betrachtern den Rücken zukehrt, um aus einem Fenster hinauszuschauen. Reglos den Blick ins Irgendwo gerichtet. Doch diese Gestalt ist nur ein hölzerner Schemen, eine Nachbildung des Gemäldes „Frau am Fenster“ von Caspar David Friedrich. Bühnenbildner Hermann Feuchter hat das Motiv aufgegriffen, um die Seelenlage von Amina (Sophie Witte), der unbewusst schlafwandelnden Adoptivtochter der Müllerin Teresa, plakativ abzubilden.

[…] Zwar endet die 1831 uraufgeführte Oper nicht tragisch wie „Norma“, doch Weigner und Feuchter mögen sich mit der komischen Seite des auf einem Vaudeville fußenden Zweiakters nicht begnügen. Immer wieder kreuzen melancholische Gegenströmungen die heiteren, leichthin konfigurierten Melismen der Solisten, für die als Modell Sopranistin Sophie Witte in der Titelrolle steht. Ihr filigranes stimmliches Kaliber hebt sich von populären Soubrettenrollen ab. Schließlich hat Bellini ihr, in geringerem Maß auch ihrer Gegenspielerin Lisa, schwierige Koloraturen verordnet. Auch Opernstudio-Mitglied Pelakauskaite erfüllt als Lisa diese Ansprüche. Aminas Seelenpein, als sie schlafwandelnd ausgerechnet im Bett des geheimnisvollen Grafen Rodolfo landet, darauf von der bornierten Dorfgesellschaft gebrandmarkt wird und der wankelmütige Bräutigam Elvino tief gekränkt die Hochzeit absagt, tönt unterschwellig immer mit aus Sophie Wittes famosen Gesangslinien.

Mihkel Kütson sorgt mit den Niederrheinischen Sinfonikern für die solide instrumentale Stütze der Solisten und für passgenaue Bettung der wuchtig zelebrierten oder liedhaft gesäuselten Chorstücke. Dafür hat Chordirektor Michael Preiser nachhorchbar enorme Führungsarbeit geleistet.

Woongyi Lee nutzt erfolgreich seine Chance in der Rolle des Elvino für klangstarke Tenormalereien in Heldenmanier. Das klingt im Mezzoforte fast zu schön für diese Figur, in den metallischen Spitzen freilich steht sein Gesang stilistisch im Einklang mit der brutalen Härte seiner in tradiertem Rollendenken wurzelnden Haltung. Matthias Wippichs tragkräftiger Bass balanciert als Rodolfo die Spannungskräfte zwischen geahnter geschwisterlicher Zuneigung zu Amina und erotischer Wunschvorstellung in seinem nach oben schmaler werdenden Register-Ambitus solide aus. Janet Bartolova (Mezzosopran) singt und spielt Aminas Adoptivmutter Teresa würdevoll und mit viel Wärme. Sie ist die Einzige, die zu der ungerechtfertigt der Untreue bezichtigten Tochter hält.

Am Schluss gelingt ein Clou: Ansgar Weigner lässt dem Happy End nicht den in der Oper vorgesehenen konventionellen Lauf mit fröhlicher Hochzeit. Stattdessen wird nun die Übertitelungsanlage abgeschaltet, um irritierenden Widerspruch zwischen gesungenem Text und Handlung zu vermeiden. Amina reicht Elvino den Ring zurück und beendet die Beziehung zu dem unwürdigen Mann, zu dem sie kein Vertrauen mehr aufbauen kann. Ihre Rückkehr in ein selbstbestimmtes Leben ist in unserem Jahrhundert logisch – in der Restaurationszeit um 1830 freilich bleibt diese Wendung nur ein Traum. – Kein Traum: neun Minuten lang Ovationen!

Markus Lamers, Der Opernfreund, 23.05.23

Eine erstklassige Besetzung der Hauptrollen!

Mit La sonnambula, zu Deutsch Die Nachtwandlerin, schuf Vincenzo Bellini im Jahr 1831 eine der Top-Opern des Belcanto-Repertoires, die mit der Premiere am Sonntag, den 21. Mai 2023 im Theater Mönchengladbach nun erstmals am niederrheinischen Gemeinschaftstheater zur Aufführung gelangte.

[…] Das „gute Ende“ in Form der ursprünglich geplanten Hochzeit ist in der gelungenen Inszenierung von Ansgar Weigner am Theater Mönchengladbach allerdings nicht vorgesehen. Und dies ist auch gut so, denn bereits beim ersten Auftritt von Elvino bemerkt der aufmerksame Zuschauer, dass dieser die Liebe von Amina nicht so recht erwidert. Der reiche Gutsbesitzer wirkt abweisend, herrschsüchtig und wenig empathisch. Diesem Mann möchte man Amina nun wirklich nicht anvertrauen. In den sehr interessanten Gedanken zur Inszenierung verrät der Regisseur im Programmheft, dass Elvino „durch den frühen Verlust seiner Mutter und seinen daraus resultierenden Ängsten und Neurosen“ beziehungsunfähig ist und statt einer Ehefrau vielmehr einen „muttergleichen Engel“ sucht, so dass sich das Verhalten entsprechend erklärt. Und auch Amina scheint in der Liebe zu Elvino in ihrem Traum gefangen zu sein, sucht sie doch vielmehr nach einem „freien und selbstbestimmten Leben fernab der hermetischen Dorfwelt“, so Ansgar Weigner in den Erläuterungen seines Regieansatzes. Die Rolle von Aminas möglicher leiblicher Mutter wird ebenfalls thematisiert, allerdings sind diese Ansätze in der Inszenierung im Gegensatz zu den beiden gut herausgearbeiteten Hauptrollen nicht zu erkennen, wenn man das Programmheft zuvor nicht gelesen hat. Gleiches gilt für einen Vergleich mit Caspar David Friedrichs berühmten Gemälde der „Frau am Fenster“. Dies ist aber auch nicht tragisch, da Weigner insgesamt eine runde, recht düster daherkommende Geschichte erzählt, die den Zuschauer schnell in den Bann zieht. Großen Anteil hieran haben auch die wunderbaren Kostüme von Susanne Hubrich, die die Dorfgemeinschaft herrlich altmodisch kleidet, mit viel Liebe zum Detail. Das Bühnenbild von Hermann Feuchter bietet mehrere verschiebbare Elemente, die ohne großen Aufwand immer wieder die Räume abwechslungsreich gestalten und zudem einige gelungene Effekte erzeugen. Sehr stark beispielsweise, wie Amina zu Beginn des zweiten Aktes im Bühnenhintergrund durch schwarze Blenden vor dem weißen Hintergrund förmlich von jetzt auf gleich verschwindet.

Die Premiere in Mönchengladbach überzeugt zudem durch eine erstklassige Besetzung der Hauptrollen, allen voran Sophie Witte in der Titelrolle der Nachtwandlerin Amina. Mit klarem Sopran glänzend aufgestellt, macht sie mit ihrem „schönem Gesang“ das Belcanto-Erlebnis für den Zuschauer hörbar. Indre Pelakauskaite, Mitglied im Opernstudio Niederrhein, war in dieser Spielzeit bereits in einigen Rollen zu sehen, in denen sie immer wieder überzeugen konnte. Mit der Arie der Lisa (Tutto è gioia) gleich zu Beginn der Oper macht sie erneut nachhaltig auf sich aufmerksam und empfiehlt sich für größere Rollen. Auch die beiden männlichen Hauptrollen sind mit dem Tenor Woongyi Lee als Elvino und Matthias Wippich als Graf Rodolfo bestens aus dem hauseigenen Ensemble besetzt. Beeindruckend, welch starkes Ensemble hier stets zur Verfügung steht. Auch die kleineren Rollen sind mit Janet Bartolova als Teresa, Miha Brkinjac als Alessio und Jakob Kleinschrot als Notar treffend besetzt. Darüber hinaus dürfte es wenige Belcanto-Opern geben, bei denen der Chor eine so wichtige Rolle einnimmt wie bei La Sonnambula. Von Michael Preiser hervorragend einstudiert, agiert der Chor hier wie eine weitere Hauptrolle. Dass es im Chor des Theaters Krefeld-Mönchengladbach einige spielfreudige Darsteller gibt, kommt der Inszenierung sehr entgegen. Auch die Niederrheinischen Sinfoniker zeigen sich unter ihrem Generalmusikdirektor Mihkel Kütson bestens auf die Premiere vorbereitet. Aus dem Orchestergraben erklingt ein wunderbarer Bellini-Klang, der sich harmonisch mit dem Chor und den Solisten mischt.

Das anwesende Premierenpublikum zeigte sich am Ende sehr erfreut und spendete langen Applaus sowie lautstarke „Bravo“-Rufe für die Darsteller. Auch das Regieteam wurde für einen rundum gelungenen Opernabend gefeiert, der allerdings mehr Zuschauer verdient hätte. Trotz eines zeitgleich stattfindenden Fußballspieles der Borussia und dem Ende eines langen Wochenendes, welches gerne für einen Kurzurlaub genutzt wird, hätte dieser Premierenabend mehr Besucher verdient. So war der Theatersaal leider nur rund zur Hälfte besetzt. Die anwesenden Besucher dürften diese Aufführung aber sicherlich in guter Erinnerung behalten und alle anderen Opernfreunde der Region, sollten sich diese Inszenierung an einem der Folgetermine nicht entgehen lassen.

Christian Oscar Gazsi Laki, Westdeutsche Zeitung, 25.09.23

Betörender Gesang steht im Mittelpunkt!

Bei der Premiere von Bellinis „La sonnambula“ (Die Nachtwandlerin) am Theater Krefeld ging es um eine Feier der großen Kunst des Operngesangs.

[…] Sophie Witte in der Titelrolle als die Nachtwandlerin Amina ist nicht die Callas. […] Aber: Mit in Färbung und Balance etwas rhapsodischer Stimme, die aber sehr souverän durchhält – und das heißt hier was –, liefert sie in großen Teilen durchaus charmant das, was diese Partie fordert. […] Sofia Poulopoulou, neu am Ensemble, in der für sie definitiv zu kleinen Rolle der Lisa, kann sehr entzücken. Sie hat eine weiche, sehr runde Stimme zu bieten. Gut sitzend, mit einer eloquenten Stimmführung. Hier beweist sie schon enormes schauspielerisches Talent, was sich in der gesanglichen Ausformung spiegelt. Natürlich entzückend der kluge und sehr schön sitzende Bass von Matthias Wippich als Graf Rodolfo. Scheinbar (oder wirklich?) fragil und nach wie vor in gewissen Mitten extrem, fast schon magisch, reizvoll Woongyi Lees Tenor (Elvino). […] Miha Brkinjač (Alessio) aus dem Theaterensemble braucht sich nicht zu verstecken. Arthur Meunier, ebenfalls im Opernstudio, sang den Notar. Grand Dame Janet Bartolova (Teresa) muss natürlich auch erwähnt werden.

[…] Die Geschichte selbst bietet eine große Bühne für emotionale Arien, Duette, für mitreißenden Kommentar des Geschehens durch den in diesem Fall sehr gut beschäftigten und gut inszenierten Chor. Dieser sang, bestens vorbereitet von Chordirektor Michael Preiser, mit oft sehr gelungenen Abstufungen in der gesanglichen Darstellung.

Generalmusikdirektor Mihkel Kütson leitet sowohl Sänger als auch Orchester mit viel Gespür durch die Musik, die stellenweise durch Striche etwas gestrafft wurde. Kann sogar eine gewisse „italienische“ Keckheit den Niederrheinischen Sinfonikern entlockend, für wirklich spritzige Momente sorgen. […]

Die witzigerweise zu einer Anmutung von „deutscher Romantik“ passende, auf den ersten Blick schon recht konventionell anzuschauende Inszenierung von Ansgar Weigner mit einem entsprechenden Bühnenbild (skizzenhaft inspiriert von Caspar David Friedrichs „Frau am Fenster“) von Hermann Feuchter und historisierenden Kostümen von Susanne Hubrich nutzt eine charmante Ambivalenz zwischen Witz und Ernst. […]

Petra Diederichs, Rheinische Post, 25.09.23

Die Freude an den Tongemälden Bellinis!

[…] Ansgar Weigner hat mit dem veränderten Schluss den größten Eingriff in Vincenzo Bellinis Oper „Die Nachtwandlerin“ gewagt.

Kein Happy End, bei dem das Paar nach wunderschön vertonten Irrungen, Wirrungen, Streitereien und Liebesweh doch noch glücklich vor den Traualtar tritt. Damit ist Weigner im 21. Jahrhundert. Auch wenn seine Inszenierung in der Originalzeit des frühen 19. Jahrhunderts bleibt, ist das stimmig zu seiner Interpretation, in der Amina einen Reifeprozess durchlebt.

[…] Im düsteren Bühnenbild von Hermann Feuchter tümelt nichts. Hohe, schrankartige Wände lassen sich für die traumartige Szenerie hin- und her schieben, sie öffnen und verengen Räume. Lichteffekte wirken gespenstig – wie der Mond, der Geister und Nachtwandelnde auf den Plan ruft. Capar David Friedrichs berühmtes Gemälde „Frau am Fenster“ aus der Entstehungszeit der Oper hat Feuchter integriert. Die „Frau“ ist eine hölzerne Figur, die Aminas Gestalt entspricht. Das Motiv der Sehnsucht wird zum zentralen Thema.

Sie schwingt auch in der Musik mit. Sophie Wittes feingliedriger Sopran, der elegant in alle Höhen schwebt, ist von einer nicht immer fassbaren Melancholie durchzogen. Das gibt den Liebesduetten mit Elvino (Woongyi Lee) eine besonders intensive Färbung. Denn Lee gibt den Verlobten als emotional Unterkühlten, der sich bei innigsten Gesängen halb abwendet – und fast immer sind Amina und Elvino als Paar im räumlichen Abstand auf der Bühne. Lees Tenor strahlt heldenhaft, die Koloraturen und Herausforderungen des Belcanto nehmen beide bravourös.

Stimmlich glänzen alle: Janet Bartolova als warmherzige Ziehmutter, Miha Brkinjac (Alessio), Arthur Meunier (Notar) und Matthias Wippich, der als Graf eine stattliche Figur macht und seine Rolle in vielen Facetten schillern lässt zwischen der freundschaftlichen Zuneigung zu Amina und erotischer Anziehung.

Die große Entdeckung des Abend ist der Neuzugang im Ensemble: Sofia Poulopoulou. Ihr Sopran ist kräftig, feurig, voll intensiver Farbe. Als Wirtin Lisa, die leidenschaftliche Konkurrentin Aminas um die Gunst Elvinos, macht sie bella figura.

Belcanto – der schöne Gesang – ist in dieser Oper auch maßgeblich Aufgabe für den Chor. Michael Preiser hat die Sängerinnen und Sänger dafür gründlich vorbereitet. […] Die Niederrheinischen Sinfoniker lassen unter der Führung von Generalmusikdirektor Mihkel Kütson die Freude an den Tongemälden Bellinis aus dem Graben funkeln. […]

Klaus J. Loderer, OpernLoderer, 20.10.23

Sophie Witte lässt als Amina in den Koloraturen keine Wünsche offen!

[…] Spannende Momente ergeben sich in der Inszenierung in den plötzlichen Meinungswechseln der Dorfbewohner.

Die zu Beginn bigott Kerzen in der angedeutetten Kirche anzünden, dann im Gasthof ausgelassen Verlobung feiern und am Ende des ersten Akts zur bedrohlichen Kulisse werden, wenn sie im Bett des Grafen Amina bei vermeintlicher Unkeuschheit erwischen.

Die immer größer werdende Distanz zwischen den Dorfbewohnern und Amina arbeitet Regisseur Weigner ganz bewusst heraus, so läuft auch der halbherzige Versuch Elvinos, die Verlobung wieder aufzunehmen, ins Leere. Seiner ausgelassenen bis tragischen Rolle wird der Chor hierbei gut gerecht. Nach anfänglicher gesanglicher Unsicherheit steigert sich der Chor – einstudiert von Michael Preiser – schnell zu feiner Differenzierung, lebt die Melodienlinien aus und stellt in einigen Szenen das dominante Element dar.

Mit dieser Stimmgewalt kontrastiert die feine Interpretation von Sophie Witte als Amina, die die Rolle geradezu zart gestaltet und in den Koloraturen keine Wünsche offen lässt. Der vor der Vorstellung als nach knapp überstandener Erkältung noch etwas indisponiert angekündigte Woongyi Lee glänzt als Elvino in den Höhen. Nur an wenigen Stellen sind bei dem Tenor erkältungsbedingte Unsicherheiten zu bemerken, ansonsten absolviert er die Partie mit Elan. Mit mütterlicher Wärme versieht Janet Bartolova die Rolle der Teresa.

Auch die zweite Sopranistin, Sofia Poulopoulou, überzeugt als Elisa schon mit ihrer Auftrittsarie. Matthias Wippich ist ein versierter Bass, der den Grafen mit weltläufigem Ton gibt. Miha Brkinjač macht als Alessio zu Beginn den Spielleiter der Verlobungsfeier. Der Tenor Arthur Meunier ist in einer Nebenrolle als Notar zu sehen. Eine solide musikalische Grundlage mit schönen Akzenten schafft Generalmusikdirektor Mihkel Kütson mit den Niederrheinischen Sinfonikern. Er lässt die fröhlichen wie ergreifenden Melodien fließen und bringt die dramatischen Momente gut zur Geltung.

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