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Musiktheater

Die Reise nach Reims

Il viaggio a Reims // Erstaufführung am Theater KR MG // Dramma giocoso in einem Akt // Musik von Gioachino Rossini // Libretto von Luigi Balocchi Leitung Besetzung

29. November 2024 – 12. Februar 2025

Dauer Ca. 3 Stunden inkl. Pause Extras Audio-Einführung Sprache In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Termin anklicken, um Tagesbesetzung anzuzeigen.

Sensationsfund am Niederrhein! Ein archäologisches Expertenteam hat eine Karosse aus dem 19. Jahrhundert geborgen mit zahlreichen lebenden Personen. Ihren Aussagen zufolge befanden sie sich auf der Reise nach Reims, wo sie an den Krönungsfeierlichkeiten König Karls X. teilnehmen wollten. Mit Hilfe einer Zeitmaschine sollen die im Heute gestrandeten Menschen wieder in ihre Epoche zurückversetzt werden, doch einigen von ihnen scheint es in der modernen Welt besser zu gefallen…

Gioachino Rossini, der Meister der opera buffa, komponierte Die Reise nach Reims tatsächlich als Huldigungsoper für Karl X., der 1825 in der Kathedrale von Reims zum französischen König gekrönt wurde. Dabei handelt es sich weniger um eine Handlungsoper, sondern eher um eine Kantate, in der er den besten Sängerinnen und Sängern seiner Zeit hochvirtuose Arien und Ensembles auf den Leib komponierte. Nach nur wenigen Aufführungen zog Rossini das Werk zurück. Erst 1984 wurde Il viaggio a Reims beim Rossini Festival in Pesaro erstmals wieder aufgeführt.

Die Besetzung weist nicht weniger als 20 Solorollen auf, die ein wahres Belcanto-Feuerwerk bieten werden. Regisseur Jan Eßinger und Ausstatterin Benita Roth laden das Publikum zu einer höchst amüsanten Zeitreise ein, die sich am Niederrhein zuträgt.

Playlist #Reisegruppe DIE REISE NACH REIMS – Unser Ensemble checkt ein!

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Audio-Einführung zur Inszenierung

Operndirektor und Dramaturg Andreas Wendholz interviewt Regisseur Jan Eßinger. Jetzt anhören:

Das sagt die Presse

Dirk Richerdt, Rheinische Post, 28.10.24

Das Publikum raste vor Begeisterung!

Jan Eßinger krempelt Rossinis Buffooper „Die Reise nach Reims“ bis zu neuer Kenntlichkeit um. Das 1825 uraufgeführte Werk gewinnt so ungeahnte Unterhaltungsqualität.

[…] Warten und Zeitvertreib bleiben auch in der zu einem komplett neu modellierten Kunstwesen umgearbeiteten Oper „Die Reise nach Reims“ von Gioachino Rossini in Jan Eßingers Inszenierung das zentrale Moment. Mit seiner ansprechend detailverliebten Total-Umdeutung verfrachtet der Regisseur in kongenialer Abstimmung mit Bühnen- und Kostümbildnerin Benita Roth Rossinis musikalische Raffinesse und schalkhaften Hintersinn fürs Parodistische in einen Gegenwartsrahmen: Wir begegnen einem Grabungsteam, das im Erdreich am Niederrhein eine Karosse (ja, die besagte Unfallkutsche aus dem 19. Jahrhundert!) bergen konnte. Dass damit zugleich auch die lebenden handelnden Personen der Rossini-Oper erscheinen, eröffnet einen Reigen aus skurrilen Fantasy-Fiction-Ereignissen, die permanent die Lachnerven reizen.

[…] Kapellmeister Giovanni Conti versieht das Hochamt des landsmännisch ausgewiesenen Rossini-Verstehers mit zupackender Bravour, die Niederrheinischen Sinfoniker folgen dem jungen Dirigenten aus dem norditalienischen Varese hingebungsvoll, virtuos und klangmächtig. In der Mitte des ersten Bildes bereits gelingt den Solisten und dem hier dezent zurückgenommenen Orchester mit dem Sextett „Si, di matti una gran gabbia“ der erste musikalische Höhepunkt. Reinste Wonne für die Ohren. Ein Riesenlob für Hayk Deinyan, Eva Günschmann, Rafael Bruck, Patrick Kabongo, Gereon Grundmann und Jeconiah Retulla für diese Glanzleistung. Dass ein Chorsänger wie Grundmann, hier in der Rolle des ruppigen Kutschers Trombonok, auch im weiteren Verlauf so ausgefeilt charaktervoll agiert und auf achtbar solistischem Niveau singt, war eine echte Überraschung. Seine Diagnose über die Welt – „ein Käfig voller Narren“ – liefert der gesamten Inszenierung das zentrale Motto.

Wir erleben eine weitere Überraschung: Ein so exzessiv spielwütiges Ensemble wie in „Die Reise nach Reims“ gab es am hiesigen Musiktheater seit Jahrzehnten nicht zu beobachten. Und das angesichts der gesangstechnisch irrwitzigen Anforderungen, die der Komponist den Solokräften mit halsbrecherischen Koloraturen und anderen raffinierten Kehlkopf-Workouts verordnet hat. Solch mustergültiges Schauspielertheater ist Hauptursache für die mehr als zehn Minuten anhaltenden Ovationen des Premierenpublikums im Rheydter Haus. Ein Jubel, der sich bis zur Raserei zu steigern droht – auch das war hier seit vielen Jahren nicht mehr zu erleben.

Sängerische Highlights setzten Sophie Witte als mondäner Fashion-Vamp in Gelb, der Kubaner Bryan Lopez Gonzalez als Herzensbrecher Belfiore, Patrick Kabongo als eifersüchtiger, temperamentvoller Russe, Antonia Busse als Institutsboss Cortese und die famose Koloratur-Sopranistin Sofia Poulopoulou als Computer-Fex. Am Ende bekommen alle 20 Solisten den verdienten Lohn: Aus dem Schlot der versunkenen Zeitmaschine ziehen sie nacheinander ebenso viele purpurrote Königskronen – und setzen sich diese selbst auf die Häupter. Recht so!

Dr. Hartmut Hein, KLASSIK.COM, 28.10.24

Eine rundum entzückende Rossini-Ausgrabung am Niederrhein

Jan Eßinger und ein brillantes Ensemble aktualisieren Rossinis ‘Il viaggio a Reims’.

[…] Am Ende krönen sich durchaus selbstreferenziell alle Darsteller einer ebenso sängerisch eindrucksvollen wie in den Regie-Injektionen neuer Handlungsideen äußerst spaßigen ‘Performance’ selbst für ihre insgesamt hervorragenden Leistung. Dass man das Libretto nicht immer wörtlich und wichtig nehmen sollte, machen die geschickten Übertitelungen mit ungewohnter Kommentarebene neben der Übersetzung spärlicher Texte recht oft deutlich (sinngemäß “Nun folgen Wiederholungen des bereits Gesagten mit neuen Koloraturen”).

Auch Verkehrshinweise auf den Stau am Kreuz Neersen – das leidgeprüfte Pendler der vor 75 Jahren theater- und orchesterseits zusammengeschlossenen Städte Krefeld und Mönchengladbach zur Genüge kennen – fehlen in den Übertiteln nicht. Das ist wichtig, denn statt der fehlenden Pferde für die Kutschfahrt nach Reims warten in Jan Eßingers Inszenierung alle auf eine Zeitmaschine, welche die acht von Archäologen frisch ausgegrabenen Reisenden zur Karls-Krönung in Reims zurück in ihre Zeit der Entstehung der Oper bringen soll. Benita Roths fantasievolle Kostüme paaren hier angemessenen Historismus und bunte Gegenwart, ihr Bühnenbild kombiniert die Ausgrabungsstätte im Grünen mit einem für den Niederrhein gewohnt wolkigen, aber recht hügeligen Hintergrund, der an die Aushub-Höhen des Braunkohletagebaus denken läßt und ‘gen Abend’ des zweiten Bildes sehr von eindrucksvollen Effekten der Beleuchtung profitiert. Eine besondere Stärke dieser Aufführung ist zudem das fantasievolle Ummodeln der ‘aktuellen’ wie auch historischer ‘adeliger’ Hauptfiguren, das man sich schon vor und während der Ouvertüre auf dem Vorhang einprägen kann: Jede der zwanzig Rollen bekommt gewissermaßen eine neue Identität, einen unverwechselbaren Charakter wie Delia, nun neu als Mutter von Libenskof der Typus ‘komische Alte’ mit Flinte und diversen Jagdopfern. Gerade die nicht mit einer Arie oder einem Duett musikalisch exponierten Nebenfiguren, welche oft chorartige Funktionen übernehmen, dürfen nun auch als Polizisten oder Ausgrabungsassistenten kleine Rollenspiele veranstalten, die mancher vordergründigen Gesangsartistik noch eine zweite, oft slapstickartig-komödiantische Unterhaltungsebene hinzufügen. Wie es die wahrlich rein sängerisch schon stark geforderten Hauptdarsteller schaffen, auch noch spielend in diversen Körperhaltungen für kinoartige Aktion zu sorgen, ist schon beeindruckend und gut gemacht. Denn manche Nummer könnte doch heute bei aller vokaler Artistik musikalisch etwas langatmig erscheinen. Rossini zitiert mitunter geradezu das Barocke, die ‘alte’ Dacapo-Arie der modeverrückten Gräfin von Folleville (herausragend Sophie Witte gleich zu Beginn) oder den an Oper zur Zeit des Sonnenkönigs gemahnenden Aufruf verschiedener Nationen, der den Kern des ersten Teils des Finales darstellt und unter anderem Haydns Kaiserhymne für die Deutschen zitiert. Daneben finden sich aber auch handlungsorientierte Duette nach dem Schema der 1825 zeitgemäßeren ‘solita forma’. In den oft mehrteiligen Nummen zitiert wird aber überraschend auch Modernes wie ein bekanntes Star-Wars-Thema im Continuo-Cembalo. Die überbordende Fülle an Details sorgt für dramaturgische Spannung in diesem Niederrhein-Plot und rettet auch ein wenig das doch recht unoriginelle Libretto.

Zudem wuchern die Hauskräfte des Theaterensembles geradezu mit ihren vokalen Fähigkeiten, und das heißt einiges angesichts der historisch verbürgten Virtuosität, welche Rossinis Gala-Sänger damals besaßen. Antonia Busses Figur Cortese implantiert die ersten eindrucksvollen Hochtöne und Koloraturen schon vielversprechend in der Introduzione, Eva Maria Günschmanns verführerisch-voluminöse Melibea ergänzt sich hervorragend mit dem leichten, biegsamen Spinto-Tenor von Patrick Kabongo (auch in Eßingers Personenregie und schauspielerisch ragt das Duetto zu Beginn des zweiten Teils heraus). Sofia Poupoulo wird dem anspruchsvollen Part von Rossinis Primadonna Giusitta Pasta im Duett mit Matthias Wippichs sonorem Lord-Sidney-Bass bestens gerecht und läßt den finalen Huldigungsgesang zur Begleitung der wundebaren Harfe im Orchestergraben balsamisch strömen. Fast alles junge, bestens ausgebildete Sänger, auch Rafael Buck als nerdiger Alvaro im Kill-Bill-Zeitlupen-Kampf um Melibeas Gunst mit Kabongos schneidigem Libenskof. Mag man überhaupt mäkeln, so dürfte man sich höchstens das – ziemlich schwierige – Nationen-Parlando des Profundo noch etwas rhythmischer und prägnanter in Richtung der Faktotum-Arie des Barbiers von Sevilla wünschen; andererseits fügen sich Hayk Deinyan wie auch Gereon Grundmanns Bariton in der Rolle des ‘Kutschers’ und Fest-Moderators Trombonok in die Ensembles und Szenen perfekt ein (wie auch alle weiteren hier nicht genannten Ensemblemitglieder und Bettina Schaeffer vom Nachwuchs-Opernstudio, die als Maddalena eingespringen und sich nahtlos einfügen konnte). Die ebensfalls homogene Ensemble-Leistung der Niederrheinischen Sinfoniker – eindrucksvolle Harfe wie gesagt und dynamisch perfekt integriertes Blech – profitiert bei perfekter Wahl der Tempi von Giovanni Conti auch vom transparenten Klang im Theater Mönchengladbach-Rheydt mit seiner im Vergleich durchaus gemütlichen Besesselung. Man spürte in der dortigen Premiere schon die sichere Routine nahezu aller Beteiliger aus der ersten Aufführungsreihe im Frühjahr in Krefeld. Das Gladbacher Publikum darf sich also bis Februar 2025 auf weitere unterhaltsame Aufführungen freuen. Vielleicht findet aber auch der eine oder andere Gast aus näherer oder weiterer Entfernung – er muss ja nicht gleich auch aus dem Frankreich des 19. Jahrhunderts kommen – zu dieser rundum entzückenden Rossini-Ausgrabung am Niederrhein.

Michael Tanzler, Der neue Merker, Mai 2024

Ein Riesenerfolg mit “Bravi” und Blumen am Schluss

Im Nordwesten des Landes an einem vergleichsweise “kleineren” Theater sich dieses Werkes des Südländers Rossini anzunehmen, das eine ganze Riege von erstklassigen Sängern erfordert, ist wohl ein gewisses Wagnis. Doch man kann vorweg nehmen: es hat sich gelohnt, ja mehr als gelohnt!

[…] Schwer zu beschreiben – man muss das sehen! Ein buntes, farbenprächtiges Bühnenbild und entsprechende Kostüme (ein “Brava!” an Benita Roth!). Der Regisseur fiel mir schon im Trailer des Theaters positiv auf: Er sagte, er wolle das Publikum unterhalten! Ein heutzutage kaum mehr zu hörender Satz! Kein “aufrütteln”, “umdeuten”, “schockieren”, “läutern”, “hinterfragen”, “aktualisieren” etc!!!! Kein einziger dieser fürchterlichen Begriffe, die konstant das Publikum aus den Opernhäusern und Theatern vertreiben. Genial!

[…] Unterhaltsam, genussvoll, kurzweilig und musikalisch hochwertig!

[…] Eine großartige Leistung vollbrachte der erst 28-jährige Lombarde Giovanni Conti am Pult der “Niederrheinischen Sinfoniker” (er saß auch am Cembalo).

M. Lode-Gerke, Das Opernglas, Mai 2024

Eine exzellente Sängerschar!

[…] Regisseur Jan Essinger hat in seiner Krefelder Inszenierung dem Plot einen neuen, äußerst witzigen Anstrich gegeben und die Handlung an eine Ausgrabungsstätte verlegt.

[…] Und nicht nur, dass die schlussendlich deformierte Zeitmaschine ein würdiges “Begräbnis” erhält, ihre “sterblichen Überreste” gebären am Ende Kronen, für jeden Darsteller eine: Dass das ein Hinweis auf die historische Tatsache ist, dass der gute Karl wegen seiner reaktionären Politik nach nicht allzu langer Amtszeit durch die Julirevolution gestürzt wurde und das Volk wieder die Macht ergriff, ist zu vermuten.

Aber auch die teilweise das Geschehen nur kommentierenden Übertitel greifen die Eigenheiten der Oper in humorvoller Weise auf, etwa die Bemerkung “jetzt folgen Textwiederholungen mit Koloraturen”. Auch das Bühnenbild von Benita Roth, die sich auch für die hübschen Kostüme verantwortlich zeichnet, zeigt die Ausgrabungsstätte, aber auch einen Hochsitz – am Niederrhein durchaus üblich – auf dem sich Melibea und Libenskof zum Liebesspiel zurückziehen, ebenso wie einen Schreibtisch mit den kleineren Fundstücken, die der Leiter eines Niederrheinischen Landesmuseums namens Profondo gern mal für seine Privatsammlung in der eigenen Tasche verschwinden lässt.

Auch musikalisch ist die Aufführung sehr hörenswert, eine exzellente Sängerschar wird von den gut aufgelegten Niederrheinischen Sinfonikern unter der Leitung von Giovanni Conti begleitet. […] Auch das Flöten- und das Harfensolo gelangen vortrefflich und sorgten für ein wenig Besinnlichkeit im ansonsten recht temporeichen Ablauf.

[…] Wie immer stand ihr die stets zuverlässige Sophie Witte als Gräfin Folleville in nichts nach: Ihre Stimme ist ein wenig kräftiger als die der Kollegin (Jeanette Wernecke) und eher golden in der Färbung. Umwerfend war ihre exaltierte Darstellung der ständig dem neuesten Modegag nacheifernden Gräfin, die am Ende sogar als Schärpe ein rot-weißes Absperrband trägt.

In Kejti Karaj fand Melibea eine adäquate Darstellerin: Mit schlankem, angenehm samtigen Mezzo gestaltete die Albanerin ihre Koloraturen. […] Über ein bisschen “Metall” verfügt Woongyi Lee, der in der Rolle des selbstverliebten Belfiore zu erleben war. Auch kleinere Rollen, etwa die des Oberst Sidney (Matthias Wippich) oder die des Trombonok (Gereon Grundmann) waren sehr gut besetzt.

Insgesamt ein wunderbares Ensemble aus 20 Solistinnen und Solisten, die für eine bunte Szenerie und wunderbar farbige und temporeiche Ensembles sorgen. Sollte man sich unbedingt ansehen, auch wenn man kein Fan von “Kehlkopfakrobatik” ist.

Michael S. Zerban, O-Ton-Kulturmagazin, 28.03.24

Diese Produktion verdient den Titel “Aufführung des Jahres”!

[…] Selbstbewusst hat sich das Theater Krefeld Mönchengladbach nun an die Umsetzung gewagt und den Namen lieber erst mal ins Deutsche übersetzt. Mit der Regie der Reise nach Reims wurde Jan Eßinger beauftragt. Eine goldrichtige Entscheidung.

[…] Denn Eßinger gelingt es, seine Geschichte so zu erzählen, dass er den alten Stoff so in seine Erzählung einbettet, dass er sie nicht biegen und brechen muss. Benita Roth hat ihm dazu ein naturalistisches Bühnenbild gebaut, wie man es in modernen Inszenierungen nur noch selten findet – und wie es die Zuschauer doch immer wieder vermissen.

[…] Dass der Spaß nicht zu kurzkommt, dafür sorgen unter anderem die Übertitel, die zum einen recht frei übersetzt sind, andererseits Kommentare seitens der Spielleitung einstreuen, die für mehr als einen Lacher sorgen.

Wenn Eßinger von der idealen „Einsteiger-Oper“ spricht, möchte man ihm uneingeschränkt Recht geben. Man muss gar nichts von Oper kennen, um einen einzigartigen Opernabend zu erleben. Ein eindrucksvolles Bühnenbild, herrliche Kostüme, die Darstellungsfreude der Sänger, die mit ihren Stimmen wirklich Respekt abnötigen und eine Musik, die man nicht verstehen muss, sondern einfach genießen kann. Nach diesem Abend fällt es leicht, sich auch auf andere Werke und kompliziertere Zusammenhänge einzulassen.

Dem Theater Krefeld Mönchengladbach gelingt es allen Ernstes, bis auf zwei alle Solisten aus dem eigenen Haus zu besetzen. Und wie! Als Gäste sind Heidi-Elisabeth Müller als Cortese und Patrick Kabongo als Libenskof verpflichtet worden. Kabongo ist ein Tenor, der eindeutig mehr kann als an der Rampe zu kleben und vollständig ohne Näseln auskommt. Das erlebt man nicht so oft. Eine Stimme mit unglaublichem Potenzial. Müller ist an diesem Abend ihrer Stimme verlustig gegangen, so dass sie zwar mitspielen kann, aber von der Seite durch – und hier entbehrt es nicht einer gewissen Ironie – Antonia Busse, Sopranistin aus dem Hausensemble, gänzlich überzeugend im Gesang ersetzt wird. Es würde zu weit führen, nun das gesamte Ensemble aufzuzählen, zumal hier wirklich jeder am rechten Fleck besetzt ist und Bestleistungen bietet. So soll hier stellvertretend Sophie Witte erwähnt werden, die, man ist bei ihr verwöhnt, gesanglich, aber vor allem mit ihrer Spielfreude als Fashion Victim des 19. Jahrhunderts begeistert. Seit dieser Spielzeit ist Sofia Poulopoulou am Haus engagiert. Mit einer Corinna, die in der Natürlichkeit, Selbstsicherheit und Präzision ihrer Darstellung fasziniert, raubt sie dem Publikum spätestens mit ihrer Arie All’ombra amena del Giglio d’or – im angenehmen Schatten der goldenen Lilie – den Atem. An dieser Stelle wäre nun auch der Chor zu nennen. Wenn es ihn denn gäbe. Aber den lassen sich die Solisten nicht nehmen. Und so kann er auch nicht hoch genug gelobt werden.

Giovanni Conti leitet die Niederrheinischen Sinfoniker mit unglaublichem Körpereinsatz ebenfalls zu Höchstleistungen an. Nicht etwa im Sinne eines laut und heftig, sondern im Bemühen, der italienischen Leichtigkeit des Rossini-Klangs möglichst nahezukommen. Eine durchweg sehr ordentliche Leistung.

[…] Und es sollte nicht verwundern, wenn diese Produktion an anderer Stelle einen Titel als „Aufführung des Jahres“ gewinnt. Verdient wäre es allemal.

Andreas Falentin, Die Deutsche Bühne, 18.03.24

Bezaubernder Gesang!

Das Theater Krefeld Mönchengladbach zeigt Gioacchino Rossinis „Die Reise nach Reims” auf einer Wiese am Niederrhein. Jan Eßinger inszeniert das Warten im Stück mit viel Humor.

[…] Es gibt keinen Chor in diesem Stück, das lange verschollen war und 1825 uraufgeführt wurde, tatsächlich zur Krönung. Dafür bevölkern zwanzig Solist:innen die Bühne, acht in großen Rollen. Sie warten zusammen, in verschiedenen Konstellationen. Wir erleben dabei sehr viel Liebe und Eifersucht, viel Eitelkeit und ein wenig Neid. Der Regisseur ist hier so eine Art Verkehrspolizist. Er bahnt Wege und führt Gruppen zusammen. Jan Eßinger gelingt das gut. [:..]

Humor ist hier alles, verkürzt das Warten. Sogar die Übertitelungsanlage dient hier als Gagspender („Er singt noch einmal dasselbe, dieses Mal mit Koloratur“). […] Man freut sich, wenn zur Pause die Zeitmaschine erscheint. Der Stau ist offensichtlich vorbei, es geht endlich weiter. Aber nach der Pause geht die Zeitmaschine kaputt, das Warten geht weiter und mündet in ein Fest, bei dem alle Hymnen singen und den abwesenden König feiern. Plötzlich nehmen wir diese Ansammlung aus Franzosen, Russen, Deutschen, Italiener und Spaniern als internationale Gemeinschaft wahr.

Der Abend lebt vom fröhlichen, präzisen Zusammenspiel und dem in der Spitze wahnsinnig guten Gesang. Sophie Witte (Gräfin de Folville) und Woongyi Lee (Belfiore) erfreuen mit frischen, geläufigen Stimmen. Kejti Karaj (aus dem Opernstudio) und Patrick Kabonogo bezaubern uns mit einem großartig abgetönten Liebesduett. Gereon Grundmann (aus dem Opernchor) lässt als Trombonok einen sehr schön phrasierenden, frei klingenden Bass hören. Und Sofia Poulopoulou als Corinna zieht auf ungewöhnliche Weise ihren Bann.

Die Stimme ist vielleicht ein wenig dunkel für einen Sopran, etwas körnig im Timbre. Aber wie sie singt! Flüssig, klare Linien, nuanciert in der Dynamik und vor allem wahnsinnig ausstrahlungsstark. Sie öffnet das Herz für diese Musik. Ihre Schlussszene ist zudem eine Bravourtat des Regisseurs in ihrer Genauigkeit und Zurückhaltung. Der Dirigent Giovanni Conti hat nur am Anfang Probleme mit einem zu lauten Orchester. Der Rhythmus, die Dynamik der Aufführung, besonders aber die Abstimmung der vielen Ensembles gelingen ihm auf herausragendem Niveau.

Christina Schulte, Rheinische Post, 18.03.24

Ein großes musikalisches und darstellerisches Vergnügen

Das Premieren-Publikum bedankte sich mit rauschendem Beifall bei nicht weniger als 20 (!) Solisten und dem Orchester unter Giovanni Conti im Krefelder Stadttheater.

[…] In der Krefelder Inszenierung hat Regisseur Jan Eßinger sich einen witzigen Angelpunkt ausgedacht: Die Reisenden sind – herrlich lebendig – bei einer archäologischen Ausgrabung am Niederrhein aufgefunden worden. Und so bewegen sich in diesem kontrastreichen Tableau Vivant zwei Gruppen umeinander. Da ist zum einen die Biedermeiergruppe aus der Vergangenheit mit Menschen aus lauter verschiedenen Nationen und zum anderen sind da die modernen Forscher.

Die Kostüme von Benita Roth spiegeln den Abstand von zwei Jahrhunderten – sehr gelungen. Da ist zum Beispiel die kapriziöse kanariengelbe Folleville (Sophie Witte) mit zeitgerechten Korkenzieherlocken. Sie ist nur an dem einen interessiert, der Mode. Und so ist es ein Riesenspaß, dass sie am Ende ihre hellrosa durchbrochenen Handschuhchen gegen türkisfarbene Haushaltshandschuhe tauscht und sich ganz up to date findet. Oder Belfiore (Woongyi Lee), der selbstverliebte Charmeur in Altrosa und Lila. Oder Janet Bartolova, die als jagdbesessene Gräfin gerne mal schießt und ihr Wildbret über die Bühne tragen lässt.

Die Regie verleiht auch allen anderen Ensemblemitgliedern charakteristische Verhaltensweisen oder Merkmale: Die vielen Solisten in „Die Reise nach Reims“ agieren komödiantisch und leben ihre Ticks, pflegen ihre Stimmungen. Das tun sie in einer sehr grünen niederrheinischen Landschaft mit blühenden Kirschzweigen, auch von Benita Roth. Um nun doch eine Teilnahme an der Krönung zu ermöglichen, wollen die Niederrheiner eine Zeitmaschine an den Ort des Geschehens kommen lassen – schwierig wegen der ständigen Staus. Die übrigens wie manches andere in den Obertiteln witzig kommentiert werden.

[…] Die Oper ist keine typische Handlungsoper; eine szenische Kantate hat Rossini selbst dieses Werk genannt. Aber was für eine Kantate! 20 Sänger singen Koloraturarien, Duette oder Ensembles, dass es eine wahre Pracht ist. Rossini hat die Arien seinen Sängerinnen und Sängern auf den Leib geschrieben und das Krefelder Ensemble hat das prächtig gemeistert, musikalisch wie darstellerisch. […]

[…] Das Publikum zeigte sich am Sonntagabend von der Aufführung in der Seidenstadt begeistert: Eine überaus musikalisch reiche, witzige, humorvolle Inszenierung und eine großartige Leistung des Ensembles, die sich anzuhören und anzusehen lohnt.

Christian Oscar Gazsi Laki, Westdeutsche Zeitung, 18.03.24

Herrlich humorvoll, regional und anrührend!

Rossinis kuriose Oper „Die Reise nach Reims“ wird in Krefeld zu einem humorvollen Reigen und einem Fest für den Gesang.

[…] Ein Fest für die hohe Kunst des Gesangs. Und berechtigterweise hat in der Krefelder Inszenierung von „Il viaggio a Reims, ossia L’albergo del giglio d’oro“ (Die Reise nach Reims oder Das Hotel zur goldenen Lilie) Regisseur Jan Eßinger das Finale derart umgedeutet, dass zwar musikalisch eine Ehrerbietung an den neuen französischen König hörbar, aber eine Krönungszeremonie für die Solistinnen und Solisten der Oper sichtbar ist.

[…] Und das ist sehr legitim, wegen des stimmlich hörbaren Niveaus. Denn jede Sängerin und jeder Sänger dieses Abends hat auf die jeweils ureigene Weise und mit der jeweiligen Disposition, stimmlicher und szenischer Natur, Großes geleistet. Sie haben sich fast ausnahmslos von einer schillernd glänzenden Seite gezeigt: Sei es Gast Patrick Kabongo als Graf von Libenskof, sei es für die Erkrankte Heidi Elisabeth Meier kurzfristig eingesprungene Jeannette Wernecke als Madame Cortese, seien es junge Talente aus dem Opernstudio wie die begnadete Mezzo Kejti Karaj als Marquise Melibea, seien es bekannte Lieblinge des Ensembles wie beispielsweise die in Bestform singende Sophie Witte als Gräfin von Folleville sowie der fulminante Matthias Wippich als Lord Sydney oder neue Gesichter und Stimmen am Haus wie die phänomenale Sofia Poulopoulou als Corinna. Seien es Woongyi Lee, dessen Tenorstimme hier glänzte wie nie, Hayk Deinyan, Gereon Grundmann, Rafael Bruck, Kairschan Scholdybajew oder Miha Brkinjač sowie Arthur Meunier. Seien es mit funkensprühend szenischer Kraft überzeugend Janet Bartolova, Susanne Seefing und nicht zuletzt Gabriela Kuhn. Ja, seien es auch Mitglieder des Opernchores (Lisa Kaltenmeier-Kahraman, Anna Lautwein und Irakli Silagadze), auch schauspielerisch wirklich Freude bereitend, oder der stimmlich sehr begabte ägyptische Bariton George Gamal, der derzeit in Düsseldorf studiert, die sich hier solistisch beweisen durften. So ein Sängerfest muss man als Theater erst einmal stemmen.

[…] Die Umdeutung des Gesungenen, dessen Überlagerung mit Bildern und Szenen einer eigentlich ganz andersgearteten Geschichte, die aber herrlich humorvoll, regional und dabei sogar durchaus anrührend sein kann, ist der Schlüssel zu dieser sehr gelungenen Inszenierung. […] Im realistisch-surrealen Bühnenbild von Benita Roth (Bühne & Kostüme) lebt die Inszenierung liebevoll augenzwinkernd gezeichneten Bildern, die ihren Charme aus der Wechselwirkung der mit viel karikierendem Talent gezeichneten Figuren gewinnen. Kluge szenische Kniffe, wie Zeitlupe, Wiederholungen oder Slapstick sorgen für viel ästhetisches Leben auf der Bühne.

Die Figuren lernt das Publikum vor Beginn durch Steckbriefe kennen, die auf den Bühnenvorhang projiziert wurden. Ohnehin liefert das Regie-Team – Dank gebührt Operndirektor und Dramaturg Andreas Wendholz, dass er dieses Stück auf diese Weise an das Theater Krefeld und Mönchengladbach geholt hat – viel Subtext. Neckisch nutzt man Übertitel nicht nur für Übersetzungen des italienischen Textes, sondern auch für Kommentare zu Eigenheiten der Rossini-Oper oder für kleine Winks zur Story. Überhaupt ist die Inszenierung vollgeladen mit Verweisen und Andeutungen. […]

[…] Die Niederrheinischen Sinfoniker spielten mit viel Esprit, Lust und Spaß an Rossinis spezieller Komponierweise. Conti leitete sie von einem mittig stehenden Cembalo aus. Auf dem er persönlich die Rezitative begleitete. Das hatte schon Stil. Doch der König des Abends war der „Schön“-Gesang. Am Schluss gab es stehenden, lang anhaltenden Applaus und viele Bravo-Rufe.

Markus Lamers, Der Opernfreund, 18.03.24

Ein echter “Hingucker”!

In Krefeld hat der Regisseur Jan Eßinger die Geschichte etwas angepasst, denn alles beginnt mit einem Sensationsfund am Niederrhein.

[…] Eigentlich möchte man von diesem vergnüglichen Theaterabend inhaltlich auch gar nicht zu viel erzählen, denn diese Inszenierung wirkt auf den Besucher auch durch eine gewisse Situationskomik, die sich nur schwer in Worte fassen lässt. Verstärkt wird diese Komik durch immer wieder eingestreute humorvolle Übertitel, die das Werk durchaus ernst nehmen, aber dennoch nicht jedes Wort wörtlich übersetzen. Das wäre wohl auch gar nicht möglich, wenn sich im Gran pezzo concerto a 14 voci beispielsweise vierzehn Stimmen miteinander mischen. Stattdessen verweisen die Übertitel charmant darauf, dass dies in der Opernwelt wohl einmalig ist. Textliche Wiederholungen mit weiteren musikalischen Verzierungen werden offen im Übertitel als solche benannt, so dass der Besucher darüber schmunzeln und sich ganz dem Zauber der Musik Rossinis hingeben kann, statt lange Texte zu verfolgen. Unter der musikalischen Leitung von Giovanni Conti spielen die Niederrheinischen Sinfoniker einmal mehr präzise und harmonisch. Alle zwanzig Solisten namentlich aufzuführen, würde hier den Rahmen sprengen. Stellvertretend für das gesamte Ensemble sei daher Sofia Poulopoulou als Corinna genannt, die am Ende die große Schlussnummer mit Bravour meistert. Zum Ensemble ist sicher noch zu sagen, dass es im Verlaufe des Abends permanent etwas zu sehen gibt. Ständig ist eine Vielzahl von Künstlern auf der Bühne, die auch abseits der eigentlichen Haupthandlung ihre Rollen ausleben. Hier gibt es immer wieder einige interessante Details zu entdecken. Die Momente in denen Janet Bartolova als Delia auftritt, werden zum Beispiel sehr lange im Gedächtnis bleiben, auch wenn die Rolle vom reinen Gesangspart her eher klein angelegt ist. Die gesamte Personenführung ist vor allem zu Beginn des Abends so wunderbar, dass man sich irgendwie an Die lustigen Nibelungen aus dem Jahr 2011 erinnert fühlt, eine der bisher wohl besten Inszenierungen des Gemeinschaftstheaters Krefeld-Mönchengladbach.

Ein echter „Hingucker“ ist auch das Bühnenbild von Benita Roth. Mit viel Liebe zum Detail wurde hier eine Ausgrabungsstätte in der niederrheinischen Landschaft geschaffen, auf der die Darsteller auf verschiedenen Erhebungen wunderbar agieren können. Auch die von ihr geschaffenen Kostüme gefallen und sorgen für eine klare Trennung zwischen den historischen und den heutigen Figuren. Am Ende des rund dreistündigen Premierenabends gab es gestern lang anhaltenden Applaus der zahlreichen Zuschauer, die alle Darsteller und das Regieteam lautstark für eine gelungene Erstaufführung am Theater Krefeld-Mönchengladbach feierten.

Thomas Molke, Online Musik Magazin, 18.03.24

Das Ensemble begeistert durch große Spielfreude

[…] Da einem heutigen Publikum die historischen Anspielungen und Bezüge der Oper größtenteils unverständlich sein dürften, haben sich moderne Regie-Teams die unterschiedlichsten Handlungsorte überlegt, an die sie das Stück verlegt haben. Das Regie-Team um Jan Eßinger wählt als Ort der Handlung eine archäologische Ausgrabungsstätte an Niederrhein.

[…] Sophie Witte gibt die Contessa di Folleville wunderbar exaltiert und punktet ebenfalls mit halsbrecherischen Koloraturen, nachdem sie zunächst mit leidenden Höhen und großartiger Komik den Verlust ihrer Garderobe beklagt hat. Gabriela Kuhn erträgt als Modestina die Launen ihrer Herrin sehr geduldig und überzeugt mit ironischem Spiel. Besonders beeindruckend ist, wenn Lord Sidney später seine Teetasse auf ihrer Haube abstellt, die sie dann den restlichen Verlauf des Stückes geschickt auf dem Kopf balanciert. Kejti Karaj ist als Marchesa Melibea in ihrem feuerroten Kleid eine Augenweide, so dass es nicht verwundert, dass sich der Forscher Alvaro in sie verliebt, was natürlich Libenskofs Eifersucht hervorruft. Patrick Kabongos Tenor als Libenskof klingt zunächst in den Höhen ein wenig angestrengt, steigert sich allerdings im Laufe des Abends und kann im weiteren Verlauf glänzen. Wunderbar spielt er den Kontrast zwischen eifersüchtigem Liebhaber und wehleidigem Mamasöhnchen aus, dem seine recht dominante Mutter Delia die Richtung vorgeben muss. Karaj verfügt als Melibea über einen satten Mezzosopran, der sehr verführerische Züge annimmt. Große Spielfreude entwickeln die beiden im Versöhnungsduett nach der Pause, in dem sie nicht nur stimmlich brillieren, sondern auch noch auf einem Hochsitz auf der linken Bühnenseite zu einem Schäferstündchen verschwinden. Rafael Bruck trägt es als Alvaro mit Fassung, dass er bei Melibea nicht landen kann und sein Sabotage-Akt somit umsonst war. Stimmlich überzeugt er mit virilem Bariton.

Sofia Poulopoulou begeistert als Corinna schon im Anschluss an das Sextett, wenn sie mit engelhaftem Gesang aus dem Off zur Harfe die Wogen zwischen den beiden Streithähnen glättet, mit kraftvollem, rundem Sopran. Da verwundert es nicht, dass Lord Sidney sich in sie verliebt und auch der Cavaliere Belfiore auf sie aufmerksam wird. Im Duett mit Woongyi Lee als Belfiore liefert sich Poulopoulou einen großartigen Schlagabtausch und weist ihn mit markanten Höhen in seine Schranken. Lee punktet mit tenoralem Schmelz und gibt den Schwerenöter sehr leidenschaftlich. Matthias Wippich verfügt als Lord Sidney über einen profunden Bass und spielt die leichte Unbeholfenheit des Briten mit großem Spielwitz aus. Auch beim “Dell’ aurea pianta” (“God Save The King”) im Finale punktet Wippich mit herrlicher Komik. Gereon Grundmann verleiht dem Barone di Trombonok profunde Tiefe. Hayk Deinyan bleibt als Don Profondo allerdings ein wenig blass und kann die Komik in der Katalog-Arie “Medaglie incomparabili”, in der Profondo die übrigen Mitreisenden karikiert, nicht richtig ausspielen. Die kleineren Rollen werden in der Personenregie von Eßinger ebenfalls aufgewertet und überzeugen allesamt durch große Spielfreude.

Ein weiterer musikalischer Höhepunkt ist das große Ensemble zu 14 Stimmen vor der Pause, in dem zunächst alle verzweifelt sind, weil die Reise nicht fortgesetzt werden kann, dann aber alle jubeln, weil sie beschließen, stattdessen nach Paris zu reisen. Der Brief, den Madama Cortese angeblich von ihrem Mann erhält, wird von dem Vogel gebracht, den Delia zuvor abgeschossen hat. Damit wird motiviert, dass Madama Cortese den übrigen nur etwas vormacht, denn wer schreibt im digitalen Zeitalter der Mobiltelefone noch Briefe? Die Solistinnen und Solisten finden dabei stimmlich zu einem furiosen Finale. Giovanni Conti bringt mit den Niederrheinischen Sinfonikern Rossinis atemberaubende Musik zum Sprudeln. Ein Überraschungsmoment für deutsche Ohren dürfte auch immer wieder sein, dass Rossini im Rahmen der traditionellen Melodien, die die einzelnen Gäste bei der Feier am Ende des Stückes auf ihre Heimat anstimmen, mit der Verwendung der Kaiserhymne, die Haydn Ende des 18. Jahrhunderts komponierte, bereits die Melodie der deutschen Nationalhymne vorweggenommen hat. So vergehen die knapp drei Stunden wie im Flug, und das Publikum feiert das Ensemble mit großem, verdientem Applaus.

Jan Eßinger findet eine kurzweilige, unterhaltsame Lesart für die absolut abstruse Geschichte. Das Ensemble begeistert durch große Spielfreude und macht deutlich, warum dieses verrückte Stück sich so großer Beliebtheit erfreut.

Thomas Hilgemeier, Theater:pur, 20.03.24

Das ist einfach eine Augenweide!

Jan Eßinger verlegt „Die Reise nach Reims“ an den Niederrhein. Das gelingt und ist ziemlich komisch.

[…] Es gelingt ihm insgesamt ein sehr unterhaltsamer Abend, der eine Lanze bricht für Rossinis doch immer noch eher selten gespieltes Werk.

Rossinis Reise nach Reims ist für das Personal ein vokales Teufelswerk voller Fallstricke. Denn hier kommt es auf jede noch so kleine Rolle an – in den Solostellen genauso wie in den Ensembles. Das ist höllisch, denn ein perfektes Miteinander ist Voraussetzung für‘s Gelingen. Und das klappt ganz hervorragend in Krefeld. Es ist erstaunlich, wie es dem Haus gelingt, ohne viele Gäste diesen Berg zu erklimmen. Das ist ganz großes Kino. Und deshalb verbietet dieser Abend auch Worte zu einzelnen Akteur*innen. Nur gemeinsam kann dieses Werk gestemmt werden. Theater:pur gratuliert Janet Bartolova, Miha Brkinjac, Rafael Bruck, Hayk Deinyan, George Gamal, Gereon Grundmann, Jeannette Wernecke, Patrick Kabongo, Lisa Kaltenmeier, Kejti Karaj, Gabriela Kuhn, Anna Lautwein, Woongyi Lee, Arthur Meunier, Sofia Poulopoulou, Kaischan Scholybajew, Susanne Seefing, Irakli Silagadze, Matthias Wippich und Sophie Witte. Das war ganz großartig und eine Demonstration dessen, was das gut aufeinander eingespielte Ensemble eines „ganz normalen“ Stadttheaters vermag.

Giovanni Conti leitet die Niederrheinischen Sinfoniker und trumpft dabei groß auf.Bei Rossini aber liegt die Wirkung oft im kleinen, feinen Detail. Gerade da arbeitet er Gefühle heraus und setzt auch ironische Spitzen. Davon hätten Conti und seine Musiker*innen gern etwas mehr zeigen können. Dem riesengroßen Premierenbeifall tat das keinen Abbruch.

Ernst Müller, Extra Tipp, 24.03.24

Ein riesiger Spaß!

[…] Die Aufführung im Krefelder Stadttheater stellt unter Beweis, dass eine gute Regie “aus nichts” sehr viel Gehaltvolles schaffen kann.

Und zwar einen überaus unterhaltsamen Theaterabend, prall gefüllt mit witzigen Einfällen, skurrilen Typen und opulenter Ausstattung. […]

Über der ganzen Aufführung liegt der Schleier der Satire (was im Libretto durchaus angelegt ist). Daran beteiligt werden sogar die Obertitel, die das gesungene Italienisch ins Deutsche übersetzen. Denn zuweilen schiebt Dramaturg Andreas Wendholz keck einen ironischen Kommentar zu diesem “Käfig voller Narren” dazwischen. Bühnenbildnerin Benita Roth hat den Figuren individuelle Kostüme angepasst. […]

Regisseur Jan Eßinger ist ein sensibler Spagat gelungen: dem Auge des Zuschauer durch bunte Ausstattung und ständige Bewegung der Figuren viel Abwechslung zu bieten, ohne zu überladen.

Im Gegenteil: die Sängerinnen und Sänger erhalten für ihre Arien stets ausreichend Raum. […] Ein optischer und musikalischer Rythmus, der Spannung verleiht.

Ein i-Tüpfelchen hält das Regiekonzept ebenfalls bereit: Die Landschaft stellt unseren Niederrhein dar und die Reisegsellschaft ist wundersam im Jahre 2024 gelandet und wartet auf den Einsatz der Zeitmaschine, um in die eigene Epoche zurückzukehren.

[…] Das Publikum der Premiere spendete rauschenden Beifall und zwar stehend.

Michael Cramer, Kulturcram, 11.04.24

Ein fabulöses Sängerfest!

[…] Nun, was haben die Niederrheiner da aus dem Stoff gezaubert ?

Die Gegend ist bekannt für ihre archäologischen Ausgrabungen; und genau da setzt die Geschichte ein. Da ist eine Gruppe aus der Biedermeierzeit, die aus einem Bus in einem riesigen Erdloch geklettert ist, und die alle aus verschiedenen Bereichen stammen; alle wollen nach Reimes zur Krönung. Dagegen stehen die modernen Altertums-Forscher mit technischem Equipment. Die originellen Kostüme und die Bühne von Benita Roth zeigen dies sehr deutlich. Also Opernspaß allerorten. Denn man wartet auf eine „Zeitmaschine“, welche die Gestrandeten wieder zurückbeamen soll. Die aber wegen eines üblichen Staus auf der Autobahn nicht ankommt. Und später zerstört wird; statt dessen feiert man „lokal“.

Musikalisch ist durchweg hervorragendes zu vernehmen. Hoch gelobt werden muss, dass bis auf zwei Stimmen alle Sänger aus dem Ensemble oder dem Opernstudio stammen; hier zeigt sich, dass die konsequente Nachwuchsschulung Früchte trägt. Die Qualität der Sängerinnen und Sänger bewegt sich durchgängig auf hohem Niveau, eine Einzelbewertung erübrigt sich daher: Palmen für alle! Der junge Dirigent Giovanni Conti, der auch das Continuo im Stehen spielte, hielt die recht präzise spielenden Niederrheinischen Symphoniker mit bewegtem, zackigem Dirigat zu engagiertem Spiel an. Ein Sonderlob gehört den ausgezeichneten Bläsern. […]

Es gibt ständig etwas zu sehen, angefangen mit den originellen Übertiteln, die zeitweise auch die Handlung erläutern, und mit den anfänglichen Einzelvorstellungen der Sängerriege, die das Verständnis der Geschichte deutlich erleichtert. Fast Wimmelbilder allerorten. […]

Die Oper Krefeld hat hier ein fabulöses Sängerfest gestemmt, an dem das fast ausverkaufte Haus (2. Aufführung am 3. April) riesigen Spaß hatte und lange stehend applaudierte. So muss Oper sein! Ach ja – die Zeitmaschine. Die funktionierte dann doch nicht. Ist auch besser so.

Michael Otterbein, CreVelt, 04.04.24

Wie immer ist es eine reine Freude, hier am Theater zu sein!

[Zuschauerstimmen] Die Huldigungsoper aus dem 19. Jahrhundert kommt mit viel Selbstironie auf die Krefelder Bühne.

Immer wieder wird die aktuelle Staulage am Kreuz Neersen eingeblendet. Und – wenn Rossini eine Textpassage zum x-ten Mal wiederholen lässt, wird das mit launigen Kommentaren in den Übertiteln bedacht. Das sorgt im Zusschauerraum für Heiterkeit und auch der von uns befragte Opernbesucher Christian Hennig findet diese Idee ausgesprochen gelungen. „Es ist wunderschön, wie sich die Oper selbst auf die Schippe nimmt“, kommentiert er.

Überhaupt findet die italienische Oper im modern-niederrheinischen Gewand bei den Premierengästen enthusiastische Zustimmung. Rhythmischer Applaus und Bravo-Rufe wollen gar kein Ende mehr nehmen, was sich auch in den Aussagen unserer Interviewpartner widerspiegelt: „Es macht Spaß diese Musik zu hören und die Inszenierung zu sehen – absolut hörens- und sehenswert“, erklärt Dierk Schapals aus Duisburg begeistert. „Das Ensemble agiert wunderbar, jeder für sich und alle zusammen!“

Restlos überzeugt hat „Die Reise nach Reims“ auch Gitte Straub. Sie freut sich, mit einem runrum heiteren Gefühl aus dem Theater zu gehen. „Die Stimmen und das Schaupsiel haben mir sehr gut gefallen. Besonders gut fand ich die Corinna, aber auch die anderen haben überzeugt. Schön, dass die Handlung im zweiten Teil noch einmal mehr Fahrt aufnimmt.“ Und ihre Begleiterin Helga Müllers ergänzt: „Ich war hellauf begeistert. Wie immer ist es eine reine Freude hier im Theater zu sein!“

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