Schauspiel
Liebes Publikum
als Jugendlicher fuhr ich oft zwischen Krefeld und Mönchengladbach hin und her. Ob mit dem Zug oder mit Freunden im Auto über die A44 und A52 – der Weg zwischen den beiden Städten war für mich fast so vertraut wie der tägliche Schulweg. Allerdings, das muss ich gestehen, ging es entweder in die Disco oder zur heißgeliebten Borussia ins Fußballstadion.
Das Theater in Mönchengladbach war mir als Krefelder Schüler völlig unbekannt. Was sollte ich auch da? Alles, was es dort zu sehen gab, konnte ich ja auch in Krefeld sehen. Wusste ich überhaupt, dass dieselben Schauspielerinnen, die ich zunächst im Weihnachtsmärchen, später dann in anderen Stücken bewundert hatte, auch in Mönchengladbach auftraten? Vermutlich nicht. Das ist eine der interessanten Merkwürdigkeiten an einer Theaterpartnerschaft: Auch wenn die Besucherinnen in beiden Städten den gleichen Sängerinnen lauschen, sich von den gleichen Darstellerinnen begeistern lassen und sich manchmal über die gleichen Inszenierungen die Köpfe heiß reden – sie begegnen sich nie. Wie schade! Und deswegen wollen wir in der Jubiläumsspielzeit wenigstens eine virtuelle Begegnung ermöglichen.
Die Inszenierung Merlin oder Das wüste Land wird aus zwei Teilen bestehen, die in beiden Städten gleichzeitig gespielt werden. Durch Live-Video-Übertragungen szenischer Momente von der einen Stadt in die andere wird sich ein gemeinsames Kunstwerk ergeben.
So werden Sie, verehrtes Publikum, zwar immer noch örtlich getrennt sein, aber doch zur gleichen Zeit ein Erlebnis teilen. Mit diesem Experiment wollen wir die Verbundenheit beider Städte, ohne die es weder in Mönchengladbach noch in Krefeld Theater auf diesem Niveau geben würde, feiern. Überwinden wir die räumliche Trennung mit Hilfe eines gemeinsamen Phantasieraums. Zur Borussia fahre ich übrigens immer noch so oft es geht.
Doch meistens, wenn ich den Weg nach Mönchengladbach zurücklege, geht es inzwischen ins Theater. Die Theaterpartnerschaft ist für mich längst selbstverständlicher Alltag geworden. Die kommende Spielzeit gibt mir und Ihnen nun die Möglichkeit, das Wertvolle und Besondere an diesem kulturellen Bund in den Blick zu nehmen. Darauf freue ich mich ungemein!
Ich freue mich auf Sie!
Christoph Roos
Schauspieldirektor